Die hochrangige PLO-Vertreterin Hanan Ashrawi wirft der US-Regierung "eine wirklich schäbige Erpressung" vor.

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Washington – Nach einer Reihe von US-Strafmaßnahmen gegen die Palästinenser erwägt die Regierung im Westjordanland ein vollständiges Ende der Zusammenarbeit mit den USA. "Das ist Teil der möglichen Maßnahmen, über die wir nachdenken", antwortete die führende Vertreterin der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Hanan Ashrawi, am Mittwoch auf die Frage, ob ein kompletter Abbruch der Zusammenarbeit auch in den Bereichen Sicherheit und Bildung infrage komme.

Die verschiedenen Möglichkeiten würden bei der nächsten Sitzung des PLO-Zentralrats erörtert, sagte Ashrawi. Der US-Regierung warf sie "eine wirklich schäbige Erpressung" vor. "Man bestraft uns, weil wir keine Verhandlungen mit Israel begonnen haben? Worüber? Existiert ein Verhandlungsteam? Gibt es einen Plan?"

Wegen der Entscheidung der US-Regierung, ihre Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, hatte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas die offiziellen Kontakte bereits im Dezember eingefroren. Er weigert sich, mit den USA über eine Friedenslösung mit Israel zu sprechen, weil sie aus seiner Sicht vollkommen auf Israels Seite stehen.

"Extremste, rechteste, rassistischste israelische Regierung"

Die US-Regierung habe rundweg "alle Positionen der extremsten, rechtesten, unnachgiebigsten, rassistischsten Regierung in der Geschichte Israels" übernommen, sagte Ashrawi am Mittwoch.

Auf Abbas' Gesprächsverweigerung reagierten die USA in den vergangenen Monaten mit mehreren Strafmaßnahmen. Am Montag verkündete die Regierung die Schließung der Palästinenservertretung in Washington. Für 2018 kürzten die USA die Hilfen für die Palästinenser um rund 500 Millionen Dollar (431 Millionen Euro). Anfang des Monats stoppte die US-Regierung ihre bisher beträchtlichen Zahlungen an das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA).

Die Zusammenarbeit zwischen den palästinensischen und den US-Geheimdiensten scheint aber vorerst weiterzugehen. Laut einem Bericht der israelische Nachrichtenseite "Axios" trafen sich Anfang des Monats in Washington palästinensische Sicherheits- und Geheimdienstvertreter mit Vertretern des US-Auslandsgeheimdiensts CIA. Nach Angaben der US-Botschaft in Israel haben die USA den Sicherheitsapparat der Palästinensischen Autonomiebehörde dieses Jahr mit 61 Millionen Dollar unterstützt.

Uno warnt vor Verschlechterung der Lage

Die Uno warnte am Mittwoch, dass sich wegen der Einstellung der US-Zahlungen an das UNRWA die katastrophale Lage im Gazastreifen weiter verschlechtern werde. "Die Lage im Gazastreifen wird immer unerträglicher", sagte die stellvertretende Leiterin der UN-Entwicklungsorganisation (Unctad), Isabelle Durant. Schon vor dem US-Zahlungsstopp seien die internationalen Hilfszahlungen deutlich zurückgegangen, hieß es in einem Unctad-Bericht. So sei der Gazastreifen in den vergangenen Jahren zu einem "humanitären Fall von tiefem Leid und Abhängigkeit von Hilfen" verkommen.

2012 hatte die Unctad gewarnt, dass das Palästinensergebiet bereits 2020 unbewohnbar sein werde, wenn es keine grundlegenden Veränderungen gebe. In dem Bericht vom Mittwoch hieß es, die Zustände im Gazastreifen seien nun noch schlimmer als zum Zeitpunkt dieser düsteren Prognose. (APA, AFP, 13.9.2018)