Bild nicht mehr verfügbar.

Präsident Tayyip Erdoğan hat das Recht, den obersten Währungshüter im Alleingang zu bestellen.

Foto: REUTERS/Mohamed Nureldin Abdallah

Etwas Gutes hat die massive Leitzinsanhebung in der Türkei auf 24 Prozent: Die Notenbank hat bewiesen, dass sie nicht am Gängelband von Präsident Tayyip Erdoğan hängt. Ob das wiederum den Notenbankern gut bekommt, steht auf einem anderen Blatt Papier. Zwar ist die türkische Zentralbank formal unabhängig, doch hat sich der Staatschef das Recht ausbedungen, den obersten Währungshüter im Alleingang zu bestellen. Wie lange Erdoğan das Widerstandsnest noch dulden wird, ist derzeit unklar.

Die Notenbank hat schon öfter den Zorn des Sultans auf sich gezogen. Dieser ist Staats-, Militär- und – seit kurzem – Staatsfondschef und hat in den letzten Monaten enge Verbündete an jede erdenkliche Schaltstelle gesetzt. Es wäre ein kleines Wunder, würde die Notenbank vom Größenwahn des angeschlagenen Machthabers verschont bleiben.

Die Türkei hat derzeit ohnehin nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Ohne Zinserhöhung dürfte die schon galoppierende Inflation weiter steigen und in der Folge die bereits um 40 Prozent abgewertete Lira weiter fallen. Das verschärft wiederum das Problem der hohen Verschuldung in Dollar und Euro. Die Zinserhöhung wiederum könnte die bereits deutlich abgekühlte Konjunktur zusätzlich belasten. Und für die Bedienung der Kredite durch überschuldete Unternehmen und öffentliche Haushalte sind steigende Raten auch nicht allzu förderlich. (Andreas Schnauder, 13.9.2018)