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In der Not halten der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (li.) und CSU-Chef Horst Seehofer (noch) zusammen.

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Der Tonfall ist ungewöhnlich. Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern und CSU-Spitzenkandidat für die Wahl, bittet inständig. Er bettelt fast, als er am Samstag beim Parteitag in München, an die CSU-Delegierten appelliert: "Alle sind gegen uns! Die Einzigen, die uns unterstützen können, sind wir selbst." Dann ruft er: "Lasst uns kämpfen!" Und er versichert, dass er "alles" geben werde.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder zeigt am Parteitag wen es bei den Wahlen am 14. Oktober zu wählen gilt.
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Applaus, Standing Ovations, Söder hat offenbar den Nerv getroffen. Die Stimmung bei und nach seiner Rede auf dem Parteitag ist gut und steht damit im Gegensatz zu den Umfragewerten. Diese nämlich sind seit Wochen schlechter geworden, die neueste Zahl ist für die CSU katastrophal. Der "Bayerntrend" des Bayerischen Rundfunks sieht sie nur noch bei 35 Prozent, im Juli waren es 38 Prozent. Andere Parteien in anderen Bundesländern würden angesichts eines solchen Wertes dankbar die Hände falten. Die CSU aber ist geschockt.

Von 1966 bis 2008 regierte sie den Freistaat allein. 2008 bis 2013 folgte dann das aus CSU-Sicht fürchterliche Intermezzo, in dem man mit der FDP koalieren musste. 2013 schaffte sie mit Horst Seehofer an der Spitze wieder die Absolute. Damals kam die CSU auf satte 47,7 Prozent. Die aktuell missliche Lage der Partei führt Ursula Münch, Politologin an der Akademie für Politik im bayerischen Tutzing, auf eine "doppelte Glaubwürdigkeitskrise" zurück. Auf der einen Seite gibt es viele, die den ewigen Streit mit der CDU und Kanzlerin Angela Merkel um die Asylpolitik und den harten Kurs der CSU, garniert mit scharfen Worten wie "Asyltourismus" (Markus Söder) und Migration als "Mutter aller Probleme" (Horst Seehofer), leid sind.

"Anti-Merkel-Rhetorik"

"Man bleibt in dieser ständigen Anti-Merkel-Rhetorik und wird dafür von der bayerischen Wählerschaft abgestraft", sagt Münch. Davon profitieren die Grünen, die in Umfragen auf Platz zwei – und bei 17 Prozent – liegen. Aus Protest trat etwa Anfang Juli Harald Leitherer, der bis 2013 Landrat des Landkreises Schweinfurt war, nach 49 Jahren aus der CSU aus. Er gab Söder und CSU-Chef Horst Seehofer noch einen Rat mit auf den Weg: "Wir dürfen keinen Hass gegen Menschen aus anderen Ländern schüren."

Die Umfragergebnisse sind derzeit alles andere als erfreulich für die CSU.

Auf der anderen Seite verliert die CSU jene, denen der Kurs gegen Flüchtlinge gar nicht restriktiv genug sein kann, an die AfD. "Die AfD-Rhetorik funktioniert aber nicht, wenn die CSU sie betreibt. Dann wählen die Leute doch lieber das Original", meint Politologin Münch. Besonders wütend macht die CSU ein AfD-Plakat, auf dem es heißt: "Franz Josef Strauß würde AfD wählen!" Ausgerechnet den Übervater der Partei, der immer erklärt hat, rechts der CSU dürfe es nur noch die Wand geben, vereinnahmt die AfD.

Sie kann der Wahl am 14. Oktober recht entspannt entgegen blicken. Umfragen sagen ihr den Einzug in den Landtag mit rund zwölf Prozent voraus. Überhaupt dürfte es im bayerischen Parlament nach der Wahl recht bunt werden. Derzeit sind dort CSU, SPD, Grüne und Freie Wähler vertreten. Neben der AfD hat auch die FDP Chancen auf den Einzug, möglicherweise schaffen es auch die Linken. Dann hätte Bayern ein Sieben-Parteien-Parlament.

Zersplitterung im Parlament

Söder warnt seit Wochen vor der "Zersplitterung" der Parteienlandschaft. Doch nun, im Endspurt, macht er deutlich, dass die AfD der Hauptgegner der CSU ist. "Franz Josef Strauß würde diese AfD bekämpfen", ruft er am Parteitag den Delegierten zu, und diese applaudieren begeistert – auch als Söder die AfD-Politik "schäbig und unanständig" nennt.

CSU-Chef Seehofer spart ebenfalls nicht mit Kritik: "Die stellen sich gegen den Staat." Er bekam am Parteitag übrigens deutlich weniger Applaus als Söder und vom Spiegel diese Woche ein vergiftetes "Geschenk" . Zwar widmete ihm das Magazin die Titelstory, sie lautete aber "Der Gefährder". Gefährdet dürfte auch Seehofers Zukunft sein. Bei einem schlechten Wahlergebnis, so munkelt man in Berlin und München, wären seine Tage als langjähriger CSU-Chef wohl gezählt – während Söder, der erst seit März Ministerpräsident ist, wohl bleiben dürfte. (Birgit Baumann aus Berlin, 16.9.2018)