Jeder verbindet etwas anderes mit den Sissi-Filmen. Für die einen sind sie Kindheitsbegleiter, für die Enkel Erinnerung an Sonntage bei Oma und Opa. Gemeinsamer Nenner: das Bild von Romy Schneider als unschuldige Kaiserin Sisi.

Dem kollektiven Gedächtnis gegenüber steht das wahre Leben von Schneider – Sissi ist nur ein kleiner Teil davon. 1976 erzählte die Schauspielerin der Publizistin und Feministin Alice Schwarzer in deren Dachkammer ihre wahre Geschichte. Die Tonbandaufnahmen wurden 2017 in dem Dokumentarfilm Ein Abend mit Romy (um 23.30 Uhr, ORF2) erstmals öffentlich.

Foto: ORF/Arte France/Gabriele Jakobi - Les Bons Clients

Romys Leben war geprägt von Widersprüchen: die Tochter von Nazi-Eltern (laut Romy hatte ihre Mutter eine Affäre mit Hitler), die Rollen von NS-Opfern spielt. Die starke Frau, die sich dem Zeitgeist unterordnet und vorgibt, die brave Gattin und Mutter zu sein.

Auch in ihrer Sprache ist Romy gespalten. Wenn sie wütend ist, spricht sie ihre Muttersprache Deutsch. Ins Französische, "die Sprache ihres Herzens", wechselt sie bei emotionalen Themen. Die fremde Sprache verleiht Romy einen Schutzschild, den sie nie hatte. Nicht als Kind, als sie aus der geschützten Welt des Internats in das Scheinwerferlicht gestellt wird. Nicht als junge Frau, deren Stiefvater sie bedrängt und der mehrmals versucht, sie zu vergewaltigen. An vielem ist ihre Mutter schuld, auch wenn Romy es nicht ausspricht – Alice Schwarzer tut es für sie.

Band anhalten

Es ist ein aufwühlendes Gespräch, die Schauspielerin bittet immer wieder, das Band anzuhalten. Der Film: ein Porträt, das nicht vollständig sein will und trotz bruchstückhafter Audios mehr von Romy Schneider erzählt als viele andere Dokus. (Nadine Zeiler, 17.9.2018)