Square Enix
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Foto: Square Enix
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Zum zwölften Mal hat die Videospiel- und Popikone Lara Croft in Shadow of the Tomb Raider die Bühne für sich, und was für eine: Größer, detaillierter und schöner war die Welt von Tomb Raider noch nie. Die etwas verworrene Story um einen Weltuntergang per Maya-Prophezeiung liefert den Anlass für bekannt atmosphärische Kletter- und Forschungsausflüge in verfallene Ruinen und exotische Locations, diesmal in Südamerika. In der wieder als Open World angelegten Spielewelt gilt es aber auch zahllose Gegner zu bekämpfen, mit einem nochmals erweiterten Arsenal an Waffen und Fähigkeiten, die Lara als erbarmungslose Kampfmaschine aus dem Hinterhalt zuschlagen lässt. Ebenfalls aus den direkten Vorgängern bekannt sind der umfangreiche Crafting- und Upgrade-Anteil sowie die überall verstreuten optionalen Grabdenkmäler, in denen besonders clever designte Puzzles etwas abseits des Story-Pfades auf Entdecker warten.

Shadow of the Tomb Raider im Trailer.
Tomb Raider

Was ist gelungen?

Shadow of the Tomb Raider ist bombastische Hochglanz-Popcorn-Action, die alles bietet, was man sich von großen AAA-Titeln 2018 erwarten darf. Als besonders beeindruckende Neuerung bleiben die anfangs kleineren und später riesigen Städte im Gedächtnis, die als Ausgangsort für große und kleine Missionen in ihrem Detailgrad besondere Atmosphäre versprühen. Aber auch der üppige Dschungel, akrobatische Kletterpartien und vor allem malerisch verfallene Ruinen mit ihren trickreichen Mechanismen sind beeindruckend in Szene gesetzt und lassen immer wieder das Gefühl aufkommen, sein eigenes Indiana-Jones-Abenteuer zu erleben.

Neben einigen kleinen, sinnvollen Neuerungen ist man auch im abschließenden dritten Teil der neuen Serie um Laras Vorgeschichte dem bereits bewährten Bewegungs-und Aktionsrepertoire treu geblieben, um das wohl solideste Tomb Raider-Abenteuer seit langer Zeit abzuliefern. Wenn statt Kampf und Erforschung das stellenweise außergewöhnlich gelungene Rätseldesign der Tempel, Gräber und Ruinen im Zentrum stehen darf, läuft Shadow of the Tomb Raider zur Höchstform auf.

Was ist weniger gelungen?

Ein wenig schade ist, dass dieser klassische "Kern" des Erlebnisses, eben die abenteuerliche Erforschung antiker Gräber, eingepackt ist in ein Spiel, das sichtlich alle Marketing-Kästchen abzuhaken hat, vom Crafting übers Sammeln, vom Open-World-Design bis hin zum Stealth- und Shooter-Gameplay. Diese Überladenheit raubt dem Spiel einerseits dramaturgische Spannung – und andererseits einer ikonischen Figur viel von ihrem Charakter.

Als ungerührte Killermaschine löscht Lara auf teils grotesk brutale Weise hunderte Menschenleben aus und kriecht durch Leichenberge, während ihr zugleich in Cutscenes ein komplex-differenziertes Innenleben samt Gewissensbissen und problematischer Kindheit attestiert werden; eine erzählerische Dissonanz, die vom Spiel sogar halbherzig thematisiert wird. Den in Aussicht gestellten erzählerischen "Wendepunkt" bleibt man mit dieser humorlosen, ebenso oft als blutüberströmtes Opfer leidenden wie kalt und ungerührt tötenden Leerstelle namens Lara Croft dem Publikum dennoch schuldig. Die "klassische", eckig-vollbusige Lara mag ein Action-Hero-Abziehbild gewesen sein; als "Girl Power"-Ikone bleibt sie der "neuen" Lara in Sachen Ikonenhaftigkeit, Selbstbestimmtheit und Charisma aber weiterhin um Welten voraus.

Außerdem bemüht die Geschichte trotz ebenso erfolgter Beteuerungen, mit den gezeigten "exotischen" Kulturen behutsam umgehen zu wollen, letztlich wieder viele altbekannte Klischees von mal noblen, mal blutrünstig primitiven "Wilden". Als Film müsste man dieses Drama trotz aller bemühten Ambition irgendwo zwischen B- und C-Movie einordnen. Schade drum, vor allem bei all dem Aufwand, der grafisch, gestalterisch und technisch hier betrieben wurde.

Fazit

Shadow of the Tomb Raider ist ein technisch und atmosphärisch gelungenes, in Details spektakulär inszeniertes Action-Abenteuer, dessen faszinierender Kern, eben die titelgebende archäologische "Grabräuberei", kaum zuvor in derartiger Qualität zu erleben war. In Sachen Story und Figurencharakterisierung bleibt der Abschluss der Trilogie trotz großer Ambitionen unbefriedigend. Spielerisch bietet er neben klitzekleinen Innovationen allerdings alles, was die Blockbuster-Checkliste verlangt – plakative Brutalität inklusive. (Rainer Sigl, 17.09.2018)