Willy Toledo wird in Spanien der Prozess gemacht, weil er Gott und die Jungfrau Maria beleidigt haben soll. Der Schauspieler entgegnet, er sei nur seiner "Verpflichtung als freier Mann" nachgekommen.

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Der spanische Schauspieler Willy Toledo wurde am Mittwochnachmittag vergangener Woche in seiner Wohnung in Madrid verhaftet und Donnerstagfrüh einem Gericht in der Hauptstadt zwangsvorgeführt. Sein Vergehen, das ein solch rabiates Vorgehen der Polizei gegen den aus Fernsehen und Kino bekannten Darsteller rechtfertigt? Der 48-Jährige soll auf Facebook Gott und die Jungfrau Maria beleidigt und damit die religiöse Gefühle vieler Spanier verletzt haben. Toledo hatte sich zuvor mehrmals geweigert, vor Gericht zu erscheinen.

Wutausbruch auf Facebook

Alles begann mit einem Wutausbruch Toledos auf Facebook im Juli vergangenen Jahres. "Ich scheiße auf Gott. Und ich habe dann noch genug übrig, um auch auf das Dogma der Heiligkeit und Jungfräulichkeit der Jungfrau Maria zu scheißen", schrieb er in einer Solidaritätsadresse an drei südspanische Feministinnen, gegen die im andalusischen Sevilla ein Gerichtsverfahren eröffnet worden war, nachdem sie 2014 eine satirisch-feministische Prozession veranstaltet hatten. Dabei wurde statt – wie in der Osterwoche üblich – einer Statue der Mutter Gottes eine zwei Meter große Vagina aus Pappmaché, die sogenannte "aufmüpfige Möse", durch die Straßen getragen.

Gegen Toledo klagt die ultrakatholische Vereinigung Christlicher Anwälte. Der Schauspieler weigerte sich, beim Verhör zu antworten. Nach Ende der Befragung wurde Toledo auf freien Fuß gesetzt. Ihm drohen im Fall einer Verurteilung bis zu 5.000 Euro Geldstrafe.

Ziel: Blasphemieartikel im Gesetz streichen

"Das Leben wäre ohne katholischen Fundamentalismus um einiges besser", erklärte Toledo, als er den Gerichtssaal in Madrid verließ. "Es mutet Dritte-Welt-mäßig an, dass es in diesem Land noch immer Gesetze gibt, die Gefühle verfolgen." Toledo hatte sich immer wieder beschwert, dass das Gesetz gegen ihn und seine Überzeugungen angewandt werden kann, während "die Kirche alle Freiheit hat, ihre rückständige Ideologie zu verbreiten und auszukotzen".

Toledo komme seiner "Verpflichtung als freier Mann nach", indem er dem Gericht den Respekt verweigere. Sein Ziel sei es, eine "öffentliche Debatte über die Freiheit" zu provozieren und die Politik so lange unter Druck zu setzen, bis die fünf Artikel, die sich im spanischen Strafgesetzbuch auf Vergehen gegen die Religion beziehen, gestrichen werden.

Anwalt: "Verhaftung war völlig unnötig"

"Die Verhaftung und die 20 Stunden in der Polizeizelle waren völlig unnötig", erklärte Toledos Anwalt Endika Zulueta. "Es hätte gereicht, ihn kurz vor der Verhandlung festzunehmen." Das wäre tatsächlich möglich gewesen. Denn Toledo hatte auf Facebook angekündigt, dass er zusammen mit anderen Künstlern in der gesamten Nacht von Mittwoch auf Donnerstag in einem kleinen alternativen Theater eine Mahnwache für die Meinungsfreiheit abhalten werde. Diese fand tatsächlich statt. Nur Toledo saß da schon längst in Polizeigewahrsam.

Auch das Verfahren gegen die drei Frauen aus Sevilla geht weiter: Die Hauptverhandlung beginnt im März kommenden Jahres. Der Staatsanwalt beschuldigt sie unter anderem, mit der "Prozession der aufmüpfigen Möse" die "Dogmen der katholischen Religion lächerlich machen zu wollen". Die Anzeige stammt, wie im Fall Toledos, von der Vereinigung Christlicher Anwälte. (Reiner Wandler, 18.9.2018)