Wie staatsgefährdend sind Sommerlager für Kinder aus einkommensschwachen Familien? Oder Onlineartikel für eine linke deutschsprachige Leserschaft? Noch ist nicht klar, ob und was die Staatsanwaltschaft in Ankara gegen den Österreicher Max Zirngast auffahren wird. Ihre Kreativität stellte die türkische Justiz aber schon im Vorjahr bei der Verhaftung von Menschenrechtlern im Seminarraum eines Hotels (Staatsverschwörung, Unterstützung bewaffneter Terrorgruppen) unter Beweis, oder als sie den deutschen Korrespondenten Deniz Yücel ein Jahr lang ohne Verhandlung weggesperrt hatte.

In politisch so sensiblen Verfahren wie bei Terrorvorwürfen gegen Staatsbürger aus Europa und den USA treffen türkische Staatsanwälte und Richter keine Entscheidung ohne Rücksprache und Weisung aus dem Präsidentenpalast in Ankara: Das ist der Eindruck, den westliche Diplomaten seit dem Militär- und Gegenputsch von Staatschef Tayyip Erdogan vor zwei Jahren gewonnen haben. Auch im Fall Max Zirngast wird das so laufen.

Offenbar hat die Justiz aber nichts in der Hand gegen den jungen Österreicher. Der Staatsanwalt erhielt weitere vier Tage, um Anschuldigungen zusammenzusuchen. Das macht die Farce natürlich komplizierter. Sicher ist: Zirngasts Überstellung in die Haft ohne Anklage und Beweise wird sich die Regierung in Wien nicht gefallen lassen – ebenso wenig wie zuvor Berlin und Washington. (Markus Bernath, 17.9.2018)