Mitglieder des Space Teams der TU Wien bereiten ihre Rakete The Hound für einen Teststart vor.

Foto: TU Wien

Wien – Das "Space Team" der Technischen Universität (TU) Wien tritt nach jahrelangen Vorbereitungen an, einen Rekord zu brechen – und zwar gleich um das Mehrfache: Projektmanager Christian Plasounig und seine Kollegen wollen ihre zweistufige Rakete in den kommenden Tagen in der Wüste von Nevada (USA) höher fliegen lassen, als alle bisherigen europäischen Studenten- und Amateurteams – wenn alles gut geht, vielleicht sogar bis zum gedachten Rand des Weltraums. Die Bestmarke, die es zu überfliegen gilt, liegt jedenfalls bei 32,3 Kilometern. Erreicht wurde sie im November 2016 von der HyEnD–Gruppe von der Universität Stuttgart.

Eine verbindliche Grenze für den Beginn des Weltraums gibt es nicht. Seit den 1950er-Jahren gilt jedoch die Kármán-Linie in 100 Kilometern Höhe als allgemein anerkannter Beginn des Alls: Alles, was sich darunter jenseits des Bodens tummelt, wird der Luftfahrt zugerechnet, darüber wird von Raumfahrt gesprochen. Völkerrechtlich relevant ist diese Abgrenzung freilich nicht, physikalisch jedoch sehr wohl. Die Atmosphäre ist in dieser Höhe bereits so dünn, dass ein Flugzeug so schnell fliegen müsste, dass die Zentrifugalkraft größer als die aerodynamischen Kräfte ist.

Zweite Stufe zündet in zwölf Kilometern Höhe

"Um die gewünschte Höhe zu erreichen, haben wir uns für eine zweistufige Rakete entschieden", erklärte Andreas Bauernfeind vom "Space Team" der TU Wien. Die erste Stufe soll rund dreieinhalb Sekunden lang brennen und die The Hound genannte Rakete in eine Höhe von ungefähr zwölf Kilometer hieven. Dort soll die erste Stufe abgetrennt und die zweite Stufe gezündet werden. Die Rakete wird dabei in etwa fünffache Schallgeschwindigkeit erreichen, erklärte Moritz Novak. Beide Stufen sollen schließlich mit Fallschirmen zur Erde zurückkehren.

Die Rakete ist rund vier Meter lang und wiegt inklusive Treibstoff rund 28 Kilo. Für den Antrieb verwendet das Team kommerzielle Raketentriebwerke, die mit Festbrennstoff betrieben werden. Das Elektronik-System wurde von den Studenten selbst entwickelt und gebaut. Als Material haben sie spezielle glasfaserverstärkte Polymere gewählt, von dem sie hoffen, dass es die extreme Belastung standhält. Vor allem durch den Luftwiderstand wird die Rakete extrem heiß.

Bei uns keine Rekorde

Das "Space Team" hat bereits zahlreiche kleinere Testflüge mit ein- und zweistufigen Raketen durchgeführt. In Österreich lassen sich aber Rekordhöhen aus Sicherheitsgründen nicht erreichen, weshalb die Studenten in die Wüste von Nevada ausweichen, wo einmal im Jahr Raketen-Teams ihre Entwicklungen testen.

"Mit millionenschweren Nasa-Projekten können wir uns natürlich nicht messen, aber nach jahrelanger Entwicklungsarbeit können sich die Erfolge des Space Teams international auf jeden Fall sehen lassen", sagt Christoph Fröhlich. "Wir haben inzwischen Expertise auf allen wichtigen Gebieten, unser Team umfasst derzeit 50 Personen aus unterschiedlichen Studienrichtungen der TU Wien. Wenn unser Rekordversuch erfolgreich ist, werden wir in Nevada sicher für einiges Aufsehen sorgen." Der Start der Wiener Rakete ist für 22. oder 23. September geplant. (red, APA, 18.9.2018)