Unter den deutschen Verlagshäusern ist Rowohlt wohl dasjenige, das sich am öftesten neu erfunden hat. Nicht weniger als drei Mal wurde der Verlag, heute ein Flaggschiff der Branche, neu gegründet.

1908 in Leipzig, 1919 in Berlin, 1946 in Hamburg. Für die erste Pause war eine Auseinandersetzung des Verlegers Ernst Rowohlt mit seinem Teilhaber verantwortlich, für die zweite die Nationalsozialisten. Die nächste Zäsur folgte 1983, als Heinrich Ledig-Rowohlt und sein Stiefbruder, Übersetzer Harry Rowohlt, ihre Anteile an Holtzbrinck veräußerten.

Überraschende Neubesetzung

Seit drei Wochen rumort es im Rowohlt-Verlag wieder gewaltig. Grund dafür ist der Rauswurf samt sofortiger Freistellung von Geschäftsführerin Barbara Laugwitz – und die ebenso überraschende Neubesetzung des Postens mit dem Bestsellerautor und Ex-FAZ-Journalisten Florian Illies. Die Entscheidung wurde von den Feuilletons mehrheitlich akklamiert. "Die Welt" vermutet, Illies werde "die von jahrelangen Umsatzrückgängen dauerverunsicherte Verlagswelt" neu beleben.

Die "Süddeutsche" sah ihn gar in der Tradition "der charismatischen Verlegerfigur". Diesbezüglich wird sich Illies ranhalten müssen, schließlich bestach Heinrich Rowohlt an den legendären Verlagsabenden mit gekonnten Purzelbäumen. Teile der Rowohlt-Autorenschaft sehen das Ganze weniger positiv. So übten etwa Daniel Kehlmann, Elfriede Jelinek, Siri Hustved, Heinz Strunk und Paul Auster öffentlich Kritik an der Entscheidung. Vor allem daran, wie sie kommuniziert wurde: in einer dürren Mitteilung, in der wenig von Dank die Rede war.

Verleger mit Glamour

Über die Gründe für die Entlassung der kompetenten Laugwitz wird spekuliert. Die Zahlen waren durchschnittlich, aber sind sie das in einer Branche, die 6,4 Millionen Leser verloren hat, nicht überall? Wurde wieder einmal eine Frau im Mistkübel der Geschichte entsorgt, wie Jelinek meint? Eher nicht. Wahrscheinlicher scheint, dass man mit dem Multitasker Illies einen Verleger mit Glamour sucht und in der Not auf das setzt, was sie im Fußball den "Trainereffekt" nennen.

Während Holtzbrinck um Schadensbegrenzung bemüht ist, verlautbart der neue Verleger im "Spiegel": "Man muss das Buch schützen, es ist vital und unzerstörbar. Aber es muss seinen Platz behaupten, muss es schaffen, attraktiver zu sein als der Blick zum Handy." Das kann auch eine Drohung sein. (steg, 18.9.2018)