Die Limousinen mit den Staats- und Regierungschefs können kommen. Die Postkartenidylle ist schon da. Salzburg ist herausgeputzt, die Bühne der Felsenreitschule erstrahlt in Blumenpracht. Auf der Staatsbrücke wehen EU- und Österreich-Flaggen, symbolträchtige Lorbeerbäumchen beatmen die Sitzungsräume im Mozarteum. Sogar der Wetterbericht verspricht, sich ans Protokoll zu halten. Die österreichischen "Brückenbauer" können sich beim informellen EU-Gipfel in perfekter Kulisse in Szene setzen: Schaut her, Österreich macht gemeinsame Europapolitik. Oder auch nicht.

Es ist nicht neu, dass die Staats- und Regierungschefs, die Minister und Ministerinnen der einzelnen Mitgliedstaaten die Ratstreffen hauptsächlich für innenpolitische Zwecke nutzen. Aber vor allem die europaskeptischen Regierungsparteien greifen zu immer drastischeren Mitteln: Da lässt der italienische Außenminister beim Ratstreffen in Wien heimlich einen provozierten Disput mit dem luxemburgische Außenminister Jean Asselborn mitfilmen, um sich in Italien als Kämpfer gegen Migration zu positionieren. Da verkünden in Innsbruck die Innenminister von Deutschland, Italien und dem Vorsitzland Österreich eine "Kooperation der Tätigen" in Sachen Asylpolitik an allen anderen Amtskollegen vorbei, um den heimischen Wählern Tatkraft zu signalisieren. Wenn es um die Verteilung von Asylsuchenden geht, lässt Österreich Italien aber abblitzen. Brückenbauen sieht anders aus.

Keine großen Fortschritte zu erwarten

Ein weiteres Mal wird in Salzburg das Hauptaugenmerk – neben den Brexit-Verhandlungen, die in die Verlängerung gehen dürften – auf Migrationsfragen liegen. Es sind keine großen Fortschritte hin zu einer gemeinsamen Politik zu erwarten. Was zu erwarten ist, sind weitere Diskussionen zu "Anlandeplattformen" für Migranten in Afrika, für die sich keine Drittstaaten finden; oder zum Schutz der EU-Außengrenzen, hier gibt es wenigstens einen Minimalkonsens.

Die EU-Mitgliedstaaten schaffen es einfach nicht, weg von falscher Panikmache, Abschreckungsrhetorik oder Worthülsen hin zu einer substanziellen Politik zu finden. Grenzsicherung und Frontex-Aufstockung schön und gut, aber irgendwann muss auf europäischer Ebene auch beispielsweise die geordnete Arbeitsmigration für diejenigen diskutiert werden, die nicht asylberechtigt sind. Vorschläge zum Thema liegen ausreichend auf dem Tisch. Und es wäre kein humanitärer Akt: Die Europäische Union braucht Zuwanderung, definiert werden muss nur, welcher Art. Dass man nicht einfach Asylwerber in vielseitig einsetzbare Arbeitskräfte umwandeln kann, ist dabei klar.

Aber Programme für legale Migration sind sicher ein besserer Anreiz für die Kooperation bei der Rücknahme von abgelehnten Asylwerbern als Geldsummen für die vielzitierte "Hilfe vor Ort", die nicht aufwiegen, was Migranten an entwicklungsfördernden Geldtransfers an ihre Familien überweisen. Das wäre nur einer von vielen "konstruktiven Ansätzen", zu denen EU-Ratspräsident Donald Tusk in Salzburg zurückkehren möchte. Eine neue Sachlichkeit wäre mehr als wünschenswert.

Beim gemeinsamen Familienfoto vor der Salzburger Kulisse wird jedenfalls von der "gegenseitigen Abneigung", die Tusk in seinem Einladungsbrief bedauert, nichts zu merken sein. Die konstruktiven Ansätze verschiebt man zur Not auf den nächsten Gipfel. (Manuela Honsig-Erlenburg, 19.9.2018)