Bratislava – Fast sieben Monate nach der Ermordung eines Investigativjournalisten in der Slowakei hat sich eine EU-Delegation besorgt über den Zustand des slowakischen Rechtsstaats gezeigt. Fünf EU-Parlamentarier hatten sich am Montag und Dienstag über den Stand der Mord-Ermittlungen sowie über mögliche Fortschritte der Slowaken im Kampf gegen Korruption und den Schutz von Journalisten informiert.

Die Delegation erkenne die Entschlossenheit von Polizei und Justiz an, den Mord aufzuklären, resümierte Delegationsleiterin Sophia in 't Veld von der liberalen Fraktion ALDE am Dienstagabend vor Journalisten in Bratislava. Es gebe aber weiterhin große Bedenken bezüglich Korruption, Interessenkonflikten und Straflosigkeit von Politikern.

Topjob nach Rücktritt

Konkret kritisierte die niederländische Politikerin, dass Amtsträger, die wegen Korruptionsverdachts oder anderer Verfehlungen von einer Funktion zurücktreten mussten, kurz danach eine andere Führungsposition erhielten. Namentlich nannte sie den infolge von Massenprotesten zurückgetretenen slowakischen Ex-Innenminister Robert Kalinak, der offenbar in eine ganze Reihe zweifelhafter Machenschaften verwickelt sei, aber als Vizeparteichef der regierenden Sozialdemokraten noch immer großen politischen Einfluss ausübe.

Der Journalist Jan Kuciak und seine Verlobte Martina Kusnirova waren am 21. Februar in ihrem Haus im westslowakischen Dorf Velka Maca erschossen worden. Kuciak hatte zuvor über die Verfilzung von Politik und Geschäftemacherei recherchiert. Seine unvollendete Reportage über mögliche Verbindungen italienischer Mafia-Clans zu slowakischen Regierungsmitarbeitern wurde erst nach seinem Tod veröffentlicht. Sie löste Massendemonstrationen gegen Korruption und den Missbrauch von EU-Förderungen aus. Als Folge der Proteste traten in der Slowakei die Regierung und der Polizeipräsident zurück. (APA, 19.9.2018)