Morganucodon ist eines der ältesten Säugetiere der Erde. Das rund zehn Zentimeter große Tier lebte während der Obertrias.

Foto: Bob Nicholls, Paleocreations.com

Im Tierreich ein Riese zu sein, ist nicht immer ein evolutionärer Vorteil – manchmal ist sogar das Gegenteil der Fall: Wie eine aktuelle Studie zeigt, dürfte das Fundament der außerordentlichen Säugetier-Erfolgsgeschichte im Schatten der Dinosaurier ihre geringe Größe gewesen sein.

Der Ursprung der Säugetiere konnte nach bisherigen Funden auf den Anfang des Jura vor rund 200 Millionen Jahren zurückverfolgt werden. Während sich damals die Dinosaurier zu den gewaltigsten Lebewesen der Erde entwickelten, entschieden sich die Säugetiervorfahren für eine gänzlich andere Strategie: Sie wurden zunächst immer kleiner. Eine internationale Forschergruppe aus Großbritannien und den USA nutzten nun modernste Computeranalysen, um herauszufinden, welchen entscheidenden Veränderungen das Skelettsystem unsere Säugetiervorfahren damals unterworfen waren.

Neue Kieferkonstruktion

Moderne Säugetiere unterscheiden sich unter anderem durch ihre einzigartige Kieferkonstruktion von anderen Wirbeltieren: Während ihre Unterkiefer aus einem einzelnen Knochen bestehen, besitzen beispielsweise Fische, Reptilien oder Amphibien teilweise wesentlich komplexere Unterkiefer aus fünf oder mehr einzelnen Knochen. Fossilien zeigen, dass die Kiefer von Säugetieren jedoch im Verlauf der Evolution immer einfach wurden: Ein neues Kiefergelenk entstand und einige der bisherigen Knochenkomponenten wanderten ins Mittelohr, um das Gehör zu unterstützen.

Das Team um Stephan Lautenschlager von der University of Birmingham konzentrierte seine Untersuchungen daher auf die Frage, wie es möglich war, dass die frühen Säuger ihre Kieferstruktur vereinfachen konnten und dennoch gleichzeitig ihre Fähigkeit zu fressen und zu hören erhalten blieben. Um Antworten darauf zu finden, scannten die Wissenschafter zahlreiche Fossilien und erstellen digitale Modelle.

Verringerte Belastung

Die im Fachjournal "Nature" präsentierten Ergebnisse zeigten, dass vor allem die geringe Größe der Säugetiere diese Entwicklung begünstigte: Bei den frühen Säugern verringerte sich die Belastung der Kieferstruktur dadurch während des Fressens, die ausgeübte Kraft reichte dennoch aus, um Beutetiere wie Insekten zu schnappen.

"Unsere Resultate liefern eine neue Erklärung, wie sich die Kiefer von Säugetieren im Verlauf der letzten 200 Millionen Jahren entwickelt haben", erklärt Lautenschlager. "Offensichtlich spielte es eine große Rolle, dass diese Säugetiervorfahren von geringer Größere waren, denn das dürfte die Belastung ihrer Kiefer erheblich reduziert haben." (tberg, 19.9.2018)