Mehr als 400 Demonstrantinnen und Demonstranten zogen durch Salzburg. Doppelt so viele wie von den Veranstaltern erwartet.

Foto: Stefanie Ruep

Mit Schildern wie "Guten Appetit. Uns ist er vergangen" wollten die Demonstranten eigentlich bis vor das Festspielhaus ziehen, wo die Staats- und Regierungschefs Abendessen. Das wurde ihnen von der Polizei verwehrt.

Foto: Stefanie Ruep

Durch ein Tonband wurden die Daten, Namen und Herkunftsländer der auf der Flucht verstorbenen Menschen verlesen.

Foto: Stefanie Ruep

Stoppt das Sterben im Mittelmeer, war das Motto der Demonstration.

Foto: Stefanie Ruep

Salzburg/Wien/Valetta – Vor Beginn des EU-Gipfels in Salzburg haben Vertreter von Hilfsorganisationen die Festsetzung von Rettungsschiffen, wie etwa im Hafen von Malta, kritisiert. Das wäre eine Kriminalisierung der Seenotrettung. Humanitäre NGOs würden daran gehindert, Menschen vor dem Ertrinken im Mittelmeer zu retten.

35.000 Menschen hat das Schiff der NGO Sea-Watch seit Sommer 2015 aus dem Mittelmeer gerettet. Seit Ende Juni darf das Schiff Sea-Watch 3 aber nicht mehr auslaufen. Auch ein Aufklärungsflugzeug, das nach Flüchtlingsbooten auf dem Meer sucht, wird seit 25. Mai festgehalten. "Es ist ein Wahnsinn, dass NGOs Menschen aus Seenot retten müssen, weil es EU Staaten nicht tun", sagt Tamino Böhm von der deutschen Organisation. "Nun wird die Rettung auch noch behindert und verunmöglicht."

Die unsichere politische Situation habe dazu geführt, dass auch viele Handelsschiffe keine Menschen mehr retten. "Auch das Frontex-Schiff läuft seit Wochen nicht aus, aus Angst Menschen nicht zu sicheren Häfen bringen zu können", sagt Böhm. Sea-Watch fordert ihre Einsatzgeräte freizugeben, legale Fluchtwege und die Verteilung von Flüchtlingen in Europa zu ermöglichen.

Marsch der Verantwortung durch Salzburg

Am Mittwochabend gingen in Salzburg bei einem "Marsch der Verantwortung" mehr als 400 Demonstranten auf die Straße. Hilfsorganisationen und das Bündnis Solidarisches Salzburg haben zu dem Zug aufgerufen. Sie hielten Schilder mit den Namen von rund 30.000 Flüchtlingen, die auf der Flucht nach Europa gestorbenen sind, in die Höhe. Während des Zuges von der Tribühne Lehen bis in die Innenstadt wurde das Datum und der Fundort der Toten verlesen. Über vier Stunden lang ginge das Band, hieß es von den Veranstaltern. "Wir müssen uns für Europa schämen. Tausende Menschen ertrinken im Mittelmeer, weil die europäischen Regierungen das so wollen", kritisierte Sprecherin Alina Kugler. "Wenn man jemanden vor dem Ertrinken in der Salzach rettet, ist man ein Held. Macht man das im Mittelmeer, wird das kriminalisiert."

In Wien appelierte Ärzte ohne Grenzen: "Das Motto für die Ratspräsidentschaft lautet ‘Ein Europa, das schützt’. Was wir jetzt aber vor allem brauchen, ist ein Europa, das Menschenleben schützt", sagt Marcus Bachmann, humanitärer Berater für die Organisation. Unter anderem kritisiert er, dass gerettete Menschen nach Libyen zurückgebracht werden. Außerdem wies er auf die "katastrophalen Zustände" im Camp Moria auf Lesbos hin. "Wenn die EU es nicht schafft, einige tausend Schutzsuchende in Europa menschenwürdig zu versorgen, wie sollen dann die angekündigten Lager außerhalb Europas funktionieren?" (Stefanie Ruep, Lara Hagen, 19.09.2018).