Individuelle Freiheit dient letztlich der Wohlfahrt, wie eine aktuelle Studie bestätigt.

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Berlin – Je größer die Machtunterschiede und je geringer die faktisch nutzbaren Freiheiten in einem Land sind, umso mehr nutzen die Mächtigen ihre Position zur Selbstbereicherung aus. Damit schaden sie nicht nur der Wirtschaft im Allgemeinen, sondern auch der Wohlfahrt breiter Schichten der jeweiligen Bevölkerung. Was auf den ersten Blick völlig logisch klingt, haben nun Wissenschafter auch mit Zahlen belegt.

Die Forscher um Wolfgang Scholl von der Humboldt-Universität zu Berlin haben diese Zusammenhänge mit einem komplexen Kausalmodell mit Daten aus 85 Staaten geprüft und bestätigt. Viele Ökonomen identifizieren bereits früher die formalen Institutionen wie demokratische Wahlen und Regeln als korruptionshemmend.

Das neue Modell hingegen hebt die Rolle von kulturellen Praktiken, wie gelebter Freiheit und tatsächlicher Machtkontrolle hervor, die mit den formalen Institutionen noch nicht gesichert sind. Inhaltlich sind die Schlussfolgerungen ähnlich, wobei das geprüfte Modell "das Scheitern von Nationen" und seine Ursachen quantitativ präzisiert.

Korruption und wirtschaftlicher Erfolg

Darüber hinaus haben die Forscher die Frage geprüft, wie Korruption und Bruttoinlandsprodukt (BIP) zusammenhängen, also ob Korruption den wirtschaftlichen Erfolg beeinträchtigt, ob schlechte wirtschaftliche Verhältnisse die Korruptionsneigung erhöhen oder ob es eine Wechselwirkung gibt. Alle drei Ansichten wurden in der bisherigen Forschung vertreten und konnten mit den üblichen Methoden nicht geklärt werden.

Dies ist erst mit dem jetzt verwendeten Kausalmodell der Fall. Das Ergebnis: Es gibt nur einen – und zwar sehr starken – negativen Effekt der Korruption auf das BIP. Interessant ist, dass weitere kulturelle Merkmale eine Rolle spielen: So beeinträchtigt Kolonialismus die betroffenen Länder auch weit über den Zeitpunkt ihrer Unabhängigkeit hinaus in ihrer Wirtschaftskraft. Höhere Gleichberechtigung der Geschlechter wiederum kommt direkt der allgemeinen Wohlfahrt zugute.

Demokratie vs. Populismus

Die Studie, die im "Journal of Business Ethics" erschienen ist, zeigt, dass die demokratische Kultur weiter gestärkt und ausgebaut werden muss, gerade auch gegen populistische und extremistische Strömungen. Die allgemeinen individuellen Menschenrechte sind demnach zu verteidigen und die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder aufgrund der Herkunft zu bekämpfen. Letztendlich stehen die Stärkung politischer Mitwirkungsmöglichkeiten und die verbesserte Machtkontrolle von Politik und Wirtschaft dieser Analyse gemäß in direktem Zusammenhang mit der Wohlfahrt der Bürgerinnen und Bürger. (red, 19.9.2018)