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Kreative Brexitlösung gesucht: Sebastian Kurz empfing die britische Premierministerin Theresa May vor demSalzburger Festspielhaus. Das Arbeitsessen fand auf der Bühne der Felsenreitschule statt.

Foto: REUTERS/Leonhard Foeger

Bei einem informellen EU-Gipfel wie dem in Salzburg gebe es "keine Ergebnisse, keine Beschlüsse", weil man sich in einem lockeren Rahmen über langfristige Perspektiven unterhalten wolle. Die Staats- und Regierungschefs sollten sich offen aussprechen können, ohne Druck, vor allem über jene Themen wie Migration, die den Bürgern unter den Nägeln brennen.

Das hat Bundeskanzler Sebastian Kurz zum Spitzentreffen in der Mozartstadt immer wieder betont. Er ist als derzeitiger Präsident des Rates der Union der Gastgeber, er sorgte für ein künstlerisch inspiriertes Umfeld, in dem sich die Premierminister versammeln. Mittwochabend war es ein gemeinsames Arbeitsessen auf der Bühne der Felsenreitschule der Festspiele, vor der der rote Teppich aufgerollt wurde.

Am Donnerstag werden sie die Musikuniversität, das Mozarteum, ganz in Beschlag nehmen, um über die Zukunft der Union ohne Großbritannien zu reden.

Sondergipfel im November

Dass das aufgrund der angespannten Lage bei den Verhandlungen, die seit Monaten feststecken, nicht ohne konkrete Entscheidungen abgehen kann, das machte ausgerechnet Kurzens Gipfelpendant Donald Tusks, der Ständige Präsident des Europäischen Rates, von Anfang an deutlich: Er verkündete, dass es im November in Brüssel einen Sondergipfel in Sachen Brexit geben werde. Er lobte auffallend den von der britischen Premierministerin Theresa May vorgelegten "Chequers-Plan", der nicht nur unter den EU-27 umstritten ist, weil er "Rosinenpickerei" enthält; weil London damit gerne eine maßgeschneiderte Teilnahme am EU-Binnenmarkt durchsetzen würde (freier Warenverkehr, nicht bei Dienstleistungen), Verpflichtungen und Nachteile desselben aber aussparen möchte. May zeigte sich auch verärgert, dass oft von der Möglichkeit eines zweiten Referendums geredet werde. Das störe nur die Verhandlungen, unter ihrer Regierung werde es das nicht geben.

Tusk sagte, viele May-Vorschläge seien positiv. Noch immer seien allerdings "verschiedene Szenarien offen". Nachbesserungen müsse es noch in der Irland-Frage bzw. bei den offenen Grenzen zwischen dem britischen Nordirland und der Republik Irland im Süden geben, und bei der geplanten künftigen Wirtschaftskooperation.

Es gebe "mehr Hoffnung, aber uns läuft die Zeit davon", warnte Tusk. Kurz sagte, ein positiver Abschluss beeim Brexit sei "eine Notwendigkeit". May forderte ihre EU-Partner auf, "flexibler" auf die britische Wünsche zu reagieren.

Insbesondere der französische Präsident Emmanuel Macron hatte das ausgeschlossen. Der Erhalt der Einheit des Binnenmarktes, die Stärkung der künftigen EU-27 seien nicht verhandelbar.

Nur wenn der Austrittsvertrag vor Jahresende abgeschlossen und rasch im EU-Parlament ratifiziert wird, kann der geordnete EU-Austritt am 29. März 2019 stattfinden. Sonst gibt es Chaos. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wünscht einen Brexit "in guter Atmosphäre und großem Respekt".

Fortschritte bei Migration

Tusk betonte, dass sich auch in anderen Fragen die Dinge "trotz der aggressiven Rhetorik in die richtige Richtung bewegen". Noch vor drei Jahren habe es zwei Millionen Neuankünfte von Migranten gegeben, diese Zahl sei inzwischen auf 100.000 gesunken, also auf ein Niveau, wie man es viele Jahre lang gehabt habe.

Wie berichtet, wird der Gipfel vor allem die Pläne zur Stärkung der EU-Grenzbehörde Frontex erörtern und wie man rascher zu Rückführungsabkommen mit afrikanischen Staaten kommen kann, um abgelehnte Asylwerber effektiver in ihre Herkunftsländer zurückbringen zu können. Kommissionschef Jean-Claude Juncker appellierte an die Mitglieder, mehr Solidarität zu zeigen.

Beim Gipfel sollte auch ein Konzept für mehr Wirtschaftskooperation mit Afrika besprochen werden. Laut EU-Außenbeauftragter Federica Mogherini gebe es derzeit kein afrikanisches Land, das bereit sei, Aufnahmelager für Migranten zu errichten.(Manuela Honsig-Erlenburg, Thomas Mayer, 19.9.2018)