Wien – Vor über einem Jahrhundert hat ihn Einstein beschrieben, heute liefert er die Grundlage für Solarenergie und globale Kommunikation: der photoelektrische Effekt. Bei diesem Phänomen löst Licht Elektronen aus der Oberfläche eines Festkörpers. Dahinter steht die Tatsache, dass Teilchen Energie nur in Stufen aufnehmen und abgeben können – das ist der berühmte "Quantensprung". Ein deutsch-österreichisches Forscherteam hat nun die Dauer dieses Vorgangs gemessen: Ein solcher Quantensprung dauert demnach 45 Attosekunden.

Albert Einstein hat den photoelektrischen Effekt 1905 erstmals erklärt und wurde dafür mit dem Physik-Nobelpreis 1921 ausgezeichnet. Bei dem Phänomen absorbiert ein Elektron ein Photon und "springt" dabei auf ein höheres Energieniveau – ein Zustand, in dem es sich frei bewegen kann. Dieser Effekt spielt in vielen technischen Anwendungen eine wichtige Rolle, etwa in Solarzellen oder in lichtempfindlichen Chips von Digitalkameras.

Extrem kurze Vorgänge

Die Zustandsänderung des Elektrons läuft innerhalb von Attosekunden ab – also im unvorstellbar kurzen Bereich von Milliardsteln einer Milliardstelsekunde. Weil es in der Vergangenheit gelungen ist, extrem kurze Laserpulse auf dieser Zeitskala zu erzeugen, ist es möglich geworden, den Ablauf solcher Prozesse zu beobachten und ihre Dauer genau zu vermessen. Für die aktuelle Studie im Fachjournal "Nature" haben deutsche Forscher unter der Leitung von Reinhard Kienberger und Marcus Ossiander von der TU München aufbauend auf Berechnungen und Computersimulationen von theoretischen Physikern der Technischen Universität (TU) Wien die Experimente durchgeführt und die Dauer der Quantensprünge von Elektronen einer Wolfram-Oberfläche ermittelt.

Dazu benötigten die Wissenschafter zunächst Referenzwerte. In einem ersten Schritt wurde der photoelektrische Effekt bei Helium-Atomen, die einfach strukturiert sind, vermessen. Das Ergebnis diente als Referenz-Uhr für die Ermittlung des Effekts bei Jod-Atomen. Die so geeichte "Jod-Uhr" wurden im dritten und letzten Schritt für die Untersuchung einer Wolfram-Oberfläche genutzt.

Jod-Atome als Stoppuhren

Dazu wurden die Jod-Atome auf Wolfram aufgebracht und die Oberfläche mit ultrakurzen Laserpulsen mit hoher Energie beschossen. Das Licht ist der Startschuss für den Prozess: Die Elektronen werden angeregt, lösen sich von ihren Atomen und werden frei beweglich. Manche Elektronen erreichen die Materialoberfläche und treten aus dem Wolfram aus. "Bei Wolfram lässt sich die Dauer dieses Vorgangs besonders gut untersuchen, weil sich dort die Grenzfläche des Materials besonders genau definieren lässt", erklärte Florian Libisch vom Institut für Theoretische Physik der TU Wien, der gemeinsam mit seinen Kollegen Joachim Burgdörfer und Christoph Lemell die theoretischen Arbeiten und Computersimulationen beigesteuert hat.

Wie lange der Prozess dauert, hängt vom Ausgangszustand der Elektronen ab. Betrachtet man die Leitungselektronen, also jene, die sich relativ frei im Metall bewegen können und den Strom leiten, wenn eine Spannung angelegt wird, kann man exakt die Dauer eines Quantensprungs messen: es sind 45 Attosekunden, bis sie aus der Oberfläche des Wolframs austreten. Bei Elektronen aus den inneren Schalen der Wolfram-Atome, also mit niedrigerem Energieniveau, dauere es länger, bis sie die Oberfläche erreichen, erklärte Libisch. Konkret sind es in diesem Fall 100 Attosekunden, bis sie das Metall verlassen. (red, APA, 20.9.2018)