Vom Traum zum Albtraum: Christoph (Laurence Rupp) ist endlich bei der Wega.

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"Net ihr kummt’s zur Wega, sondern die Wega kummt zu euch." Der Ausbildner Blago (Anton Noori), Typ muskelbepackter Vollbart, schwört die jungen Rekruten, also die Milchbärte, auf ihre Zukunft bei der Eliteeinheit ein. Seine Prophezeiung kommt einem Versprechen gleich: Eine neue Familie erwartet diejenigen, die "wegen der Äktschn" dabei sein wollen oder wie Christoph (Laurence Rupp) schon als Bub davon geträumt haben, die Leute "vor die ganzen Wahnsinnigen da draußen" zu schützen.

"Die Wöd is ka Äktschnfilm", erklärt ihm zwar sein Vater (Roland Düringer), ebenfalls Polizist, der auch vor dem Fußballstadion den Hooligans väterlich ins Gewissen redet. Doch Christoph lebt den Traum, und Cops sieht genau so aus wie der Actionfilm, in dem er sich wähnt: stakkatoartige Schnitte, effektive Zeitlupe, harte Elektrobeats und noch härtere Männerkörper unter der Dusche. Klimmzüge zum Frühstück, mit dem Motorrad in die Rossauer Kaserne, eine hübsche Blondine (Anna Suk) als Freundin.

Dass Christophs Traum zum Albtraum werden muss, ist nach seinem ersten Einsatz klar: Um Blago zu schützen, macht er, wie es später im Protokoll heißt, von seiner Dienstwaffe Gebrauch. Den vom Polizeiarzt dringend nahe gelegten Krankenstand lehnt er ab, denn unter posttraumatischer Belastungsstörung leiden nur Weicheier. Sein blutverschmiertes Opfer verfolgt ihn zwar hart näckig in Form von Erinnerungsfetzen, doch nur Korpsgeist und Kameraderie zählen. Er hat Blago das Leben gerettet, wird als Held gefeiert. Adrenalin pur. Buchstäblich auf dem Höhepunkt, auf der Achterbahn im Prater, erreicht ihn die Nachricht vom Tod des Opfers – von nun an geht’s bergab.

Klassisches Dilemma

Cops ist ein österreichischer Polizeifilm und schon damit eine Besonderheit. Während in den vergangenen Jahren das heimische Genrekino – im Horrorfach, aber auch als Western – reüssierte, ist der Polizeifilm nicht zufällig auch hierzulande ein heikles Terrain geblieben. Denn das Kino zeichnet den Polizisten traditionell als Kleinbürger, der die Inter essen eines Systems, also der Mächtigen und des Kapitals, vertreten muss. Als Helfer für die Schwachen dient diese Figur also kaum, als Freund schon gar nicht. Das macht, wie bei Christoph, im Kino aus dem selbsternannten guten Cop sehr oft den kaputten Cop.

Staatliche Gewalt im Zinshaus: Der gute Elitecop (Laurence Rupp) hat die noch bessere Straßenpolizistin (Maria Hofstätter) im Visier.
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Dass Regisseur und Drehbuchautor Istvan aka. Stefan A. Lukacs dieses klassische Dilemma zum Thema macht, ist also nicht überraschend – das zweifelhafte Ergebnis allerdings schon.

Denn Cops ist ein Film, der ausgerechnet jener Faszination erliegt, die er zu kritisieren meint. Doch Christoph ist nicht Dirty Harry oder Popeye Doyle, die das System und das Verbrechen gleichermaßen hassen, sondern tritt als naiver, testosterongesteuerter Möchtegern-Rambo auf, dem erst durch einen Unfall die Augen geöffnet werden. Cops gibt vor, eine außer Kontrolle geratene Hierarchie zu hinterfragen, indem er seinen Helden ins persönliche Unglück stürzt. Erkenntnis des eigenen Tuns sieht anders aus.

Good cops und bad cops

Was dieser Film nicht bemerkt oder – was noch schlimmer wäre – nicht bemerken will, ist die Tatsache, dass staatlich sanktionierte Gewalt mit der Mär von dem einen faulen Apfel, den man nur auszulesen braucht, nicht zusammengeht. Der Polizist darf als Genrefigur zwar nicht die Ursachen der Probleme erkennen, die er zu bekämpfen hat, denn damit würde er seine eigene Rolle infrage stellen.

Trailer zu "Cops".
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Aber er kann sehr wohl, und das zeichnet intelligente Polizeifilme aus, die Probleme als solche erkennen. In Cops geschieht weder das eine noch das andere: Die good cops, das sind hier die deeskalierenden Streifenpolizisten (Maria Hofstätter) oder Christophs Vater, der sich auf der Straße als Sozialarbeiter versteht und zu Hause Lasagne kocht.

Die bad cops, das sind die paar Wenigen, die das an sich funktionierende Gewaltmonopol für persönliche Zwecke missbrauchen. Und die, wie Ausbildner Blago, obendrein auch noch darunter leiden. Nicht sie wurden vom System kaputtgemacht, sondern das System von ihnen. (Michael Pekler, 21.9.2018)