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Im Sommer 2008 trank Alfred Gusenbauer noch als Kanzler mit der damaligen ukrainischen Premierministerin Julia Timoschenko Champagner in Kiew. Ab 2012 lobbyierte er gegen sie.

Foto: Reuters/Konstantin Chernichkin

Das Podium war im Oktober 2012, kurz vor den Wahlen in der Ukraine, hochkarätig besetzt – mit einem Ex-EU-Kommissionspräsidenten, einem früheren polnischen Staatspräsidenten und EU-Parlamentarier und einem ehemaligen österreichischen Kanzler. Romano Prodi, Aleksander Kwasniewski und Alfred Gusenbauer diskutierten in Berlin über "Die Ukraine und die EU: Wahlen, Integration und wirtschaftliche Probleme". Angeregt hatte die Veranstaltung das European Centre for a Modern Ukraine (ECMU) mit Sitz in Brüssel.

Dass dieser Thinktank eigentlich auf Geheiß der ukrainischen Regierung von Wiktor Janukowitsch eingerichtet wurde, war nicht ersichtlich. Auch nicht, dass die drei Herren auf dem Podium eigentlich dafür bezahlt wurden, politisch Stimmung zu machen, und zwar für eine Annäherung der Ukraine an die EU. Sie waren Teil der sogenannten Hapsburg Group und tourten zwischen 2012 und 2014 mit dieser Message durch Europa. Ob sie wussten, dass auch ihre Honorare von Janukowitsch kamen, ist offen.

Gusenbauer dachte, sein Honorar von einer US-amerikanischen Firma erhalten zu haben, sagte er der BBC im Februar, als die Vorwürfe zum ersten Mal aufkamen. Diese Firma wiederum wurde von Paul Manafort, später Wahlkampfleiter Donald Trumps, beauftragt. Das ist nun in Manaforts Geständnis vor Sonderermittler Robert Mueller von vergangener Woche belegt. Es lässt keine Zweifel darüber, dass die Hapsburg Group existiert hat und ihre Aktivitäten vom Janukowitsch-Regime finanziert wurde – mit oder ohne Wissen der Beteiligten.

"Unabhängige Experten"

Manafort hat sie 2012 gegründet, mit dem Ziel "eine kleine Gruppe von hochrangigen, europäischen, einflussreichen Spitzenpolitikern und politisch glaubwürdigen Freunden zu sammeln, die informell und ohne sichtbare Beziehung zu der ukrainischen Regierung agieren können". Geheimhaltung war Teil des Plans: Die "unabhängigen Experten" würden für Janukowitsch sprechen, und die Vorgänge um die zu der Zeit inhaftierte, geschasste Julia Timoschenko kleinreden. Am Ende war die Arbeit erfolglos – die Annäherung scheiterte, Janukowitsch wurde nach Protesten auf dem Maidan 2014 gestürzt.

Insgesamt sollen zwischen Manafort und Janukowitsch 60 Millionen Euro geflossen sein, per Schwarzgeld und Geldwäsche. Über mindestens vier Offshore-Konten hat Manafort 2012 und 2014 zwei Millionen Euro an die Hapsburg Group bezahlt. Um die europäische Steuer zu umgehen, stand "fälschlicherweise in dem Vertrag mit der Hapsburg Group, dass deren Tätigkeiten nicht in Europa stattfinden würden", heißt es im Geständnis.

Gusenbauer soll monatlich 30.000 Euro erhalten haben, berichtete Bloomberg im Juni, als ein unredigiertes Memo von Mueller für einige Stunden online stand. Demnach berichtete ein Manafort-Mitarbeiter 2012: "Alfred Gusenbauer ist bereit dazu, diskret zu sein." Am Telefon habe er die Idee gutgeheißen, "aus dem Untergrund" zu kommentieren. Gusenbauer entgegnete, er habe Reden gehalten in der Überzeugung, dass eine Annäherung der Ukraine an die EU gut wäre. Die Herkunft des Geldes habe er nicht infrage gestellt. Der Plattform Addendum versicherte er, sein Honorar in Österreich versteuert zu haben. (Anna Sawerthal, 21.9.2018)