Im Katzenspeichel findet sich ein ganzer Cocktail an Bakterien. Bei einem Katzenbiss kann das gefährlich werden. Auch Fingeramputationen kommen immer wieder vor, sagt ein Experte.

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Übrigens auch gut zu wissen: Wie man Katzen richtig streichelt.

DER STANDARD

Gerade noch wollte Minki spielen. Die Katze ließ sich am Bauch kraulen und schnurrte laut. Dann war plötzlich Schluss mit lustig: Sie biss zu. Die kleinen Bissstellen am Finger sahen erst harmlos aus. Nach wenigen Stunden allerdings begann der Finger zu pochen und anzuschwellen. Ab zum Arzt also.

Der Wiener Handchirurg Hugo Kitzinger behandelt beinahe täglich Menschen, die von ihrer Katze gebissen wurden. Er empfiehlt, bei jedem Katzenbiss zum Arzt zu gehen. Das Problem mit diesen Bissen ist nämlich: Katzen haben eine Vielzahl an Bakterien im Speichel – und besonders kleine, spitze Zähne, die tief ins Gewebe eindringen können.

Nach einem Katzenbiss geht der Bisskanal schnell wieder zu. Der Speichel wird in der Wunde eingeschlossen – und die Bakterien können sich dort ungestört ans Werk machen. 50 Prozent der Katzenbisse entzünden sich.

Schwellungen und Schmerzen

Häufig handelt es sich bei diesen Bakterien um Staphylokokken, Streptokokken oder Pasteurella multocida. Die ersten Anzeichen einer Entzündung können schon nach wenigen Stunden auftreten. Die Stelle schwillt an, es kommt zu einer Rötung und pochenden Schmerzen.

Was ist zu tun? Hat der Biss die Haut durchdrungen, reinigt der Arzt den Bisskanal und stellt die Hand ruhig, um ein Ausbreiten der Keime zu verhindern. Kitzinger verschreibt außerdem prophylaktisch ein Breitbandantibiotikum. Am nächsten Tag wird die Verletzung kontrolliert.

Schnelles Handeln ist aber dann gefragt, wenn die Verletzung sich in der Nähe eines Gelenks oder einer Sehnenscheide befindet. Weil die Gefahr einer Ausbreitung der Keime entlang der Sehnenscheide besonders hoch ist, wird in einem solchen Fall laut Kitzinger sofort operiert. Dabei wird die Wunde mitsamt Bisskanal ausgeschnitten, entzündetes Gewebe entfernt, die Wunde ausgespült und verschlossen.

Bisse bagatellisiert

Die Bisse von Katzen werden oft bagatellisiert, weil die verursachten Verletzungen so klein sind, klagt Kitzinger. Oft werde mit dem Arztbesuch daher zu lange gewartet. "Dann kann es durchaus sein, dass bei der Operation entlang der Entzündungsstraße bis zum Handgelenk oder Unterarm aufgemacht werden muss."

Das macht die Sache kompliziert: "Bei einer ausgedehnten Entzündung braucht es mindestens eine Second-Look-Operation", sagt der Experte. Das bedeutet, dass im Rahmen einer weiteren Operation am nächsten Tag noch einmal überprüft wird, ob das gesamte entzündete beziehungsweise abgestorbene Gewebe entfernt wurde. Das Prozedere kann sich einige Male wiederholen. Am Ende vergehen oft Wochen oder Monate, bis die Verletzung ausgeheilt ist.

Auch Amputationen von Fingern kämen immer wieder vor, wenn die Entzündung zu weit fortgeschritten ist, sagt Kitzinger. Wenn die Keime ins Blut gelangen, kann es zu einer lebensgefährlichen Sepsis kommen. Weitaus häufiger geht aufgrund der Entzündung aber Gewebe zugrunde – beispielsweise ein Gelenksknorpel. Das resultiert in einer Arthrose.

Unterschied zu Hundebissen

Damit es nicht so weit kommt, rät Kitzinger als Erstmaßnahme nach einem Katzenbiss dazu, die Wunde so gut wie möglich aufzuspreizen, mit viel Wasser auszuspülen und mit Desinfektionsmittel zu reinigen. Beim Arzt wird auch eine Tetanus-Impfung vorgenommen, wenn die letzte Auffrischung schon länger zurückliegt.

Der Unterschied zwischen Katzen- und Hundebissen: Die Bisswunden von Hunden sind zwar größer, so kann aber auch der Speichel mit all den Keimen leichter abfließen. Nur 20 Prozent aller Hundebisswunden entzünden sich.

Noch problematischer als Katzenbisse sind laut Kitzinger nur Menschenbisse. Solche Verletzungen kommen dem Mediziner beispielsweise am Jahresanfang manchmal unter, wenn sich Betrunkene zu Silvester gegenseitig gebissen haben. Auch hier gilt: ab zum Arzt, wenn die Haut verletzt wurde – "die Keimflora im Mund des Menschen ist nämlich noch zorniger als bei der Katze". (Franziska Zoidl, 4.10.2018)