Mit Videobotschaften und Wortgefechten begeistert der italienische Innenminister Matteo Salvini seine Fans.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Rom – Kein Politiker ist in Italien medial so allgegenwärtig wie der Innenminister und Chef der ausländerfeindlichen Lega Matteo Salvini. Es vergeht kaum ein Tag, an dem der bärtige Mailänder nicht polternd im Radio oder im Fernsehen auftritt oder Interviews in Printmedien zu lesen sind. Wichtigstes Instrument für die politische Selbstvermarktung des umtriebigen Populisten sind aber Twitter, Facebook und Co.

In den sozialen Netzwerken veröffentlicht der 45-jährige Vizepremier, der mit seinem harten Kurs in der Flüchtlingspolitik seit Monaten Europa in Atem hält, Videobotschaften an seine Fans und liefert sich hitzige Wortgefechte mit Gegnern. Nach dem Vorbild des US-Präsidenten Donald Trump twittert Salvini täglich seine deftigen Slogans, die er auch oft auf T-Shirts trägt.

Blutspendend, badend – Salvini ist dauerpräsent

Der Rechtspopulist zeigt sich in den sozialen Netzwerken durchaus gern auch privat. Oft ist er mit seiner vierjährigen Tochter auf den Schultern zu sehen, zuletzt ließ er sich auf einer Party in Venedig an der Seite seiner glamourösen Verlobten, der Fernsehmoderatorin Elisa Isoardi, ablichten. Ob beim Blutspenden, am Strand an der Adria oder badend im Swimmingpool einer Villa, die von Mafiosi konfisziert wurde: Der dauerpräsente Vize-Regierungschef ist zu einem medialen Phänomen avanciert und stellt alle anderen Politiker des Landes in den Schatten.

Drei Millionen Menschen folgen Salvini mittlerweile allein auf Facebook. Seine Twitter- und Instagram-Accounts haben zusammen weitere gut eineinhalb Millionen Follower. Jede Botschaft wird von Zehntausenden begeisterten Fans, die den Lega-Chef als ihren "Capitano" (Kapitän) bezeichnen, geteilt und kommentiert. Zu seinem Namenstag am Freitag erhielt Salvini tausende Glückwünsche und Aufforderungen, mit seinem harten Kurs in der Einwanderungspolitik weiterzumachen.

Liveschaltungen, um Journalisten zu umgehen

Ganz besonders liebt der technologisch versierte Salvini Liveschaltungen in Eigenproduktion auf Facebook. Dabei filmt er sich mit seinem Tablet oder dem Handy selbst und redet direkt zu den Italienern. Damit vermeidet er lästige Fragen von Journalisten und pflegt direkt die Kommunikation mit den Bürgern. Zehntausende schauen zu.

Der mediale Erfolg Salvinis ist das Resultat einer klar durchdachten Strategie. Als Kommunikationsguru hinter den Kulissen hält sich der Innenminister einen scheuen Internet-Experten, Luca Morisi, der an der Universität von Verona Informatik-Philosophie unterrichtet.

Mit einem jungen und effizienten Team von Kommunikationsexperten verfolgt der 45-jährige Morisi die sozialen Netzwerke, analysiert die Kommentare, entwirft dann effektheischenden Slogans, die bei der Wählerschaft besonders gut ankommen. Die Salvini-Botschaften werden hauptsächlich morgens, mittags und abends gesendet, zu jenen Tageszeiten, an denen die meisten Internet-Surfer Zeit in den Sozialmedien verbringen. Bei jeder Reise hat Salvini einen Web-Experten an seiner Seite, der alles aufnimmt.

Versteckte Kamera

Niemand überraschte es daher in Italien, als Salvini auf seiner Facebook-Seite das heimlich aufgenommene Video aus der EU-Afrika-Ministerrunde vergangene Woche in Wien veröffentlichte, die eigentlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand. Darin ist der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn zu sehen, der erzürnt auf Salvini reagiert, als dieser illegale Bootsflüchtlinge mit Sklaven vergleicht.

Asselborn erhob den Vorwurf, das Video sei von Salvinis Leuten versteckt aufgenommen worden und der italienische Kollege habe ihn bewusst provoziert. Salvini verwende die Methoden und Töne der Faschisten der 1930er-Jahre. Wenn man künftig befürchten müsse, dass EU-Treffen heimlich mitgeschnitten werden, könne nie wieder eine ehrliche Diskussion stattfinden, kritisierte der luxemburgische Politiker.

Asselborns Kritik ließ Salvini kalt. Das Steuerparadies Luxemburg könne Italien keine Lektionen erteilen. Ob das Land keinen Normaleren als Minister habe, fragte er in seiner gewohnten polemischen Art.

Beliebtheitswerte auf Rekordhoch

Salvini weiß genau, dass sein herber Politikstil blendend bei der Wählerschaft ankommt. Die Regierung aus Salvinis Lega und der populistischen Fünf Sterne-Bewegung befindet sich nach fast drei Monaten Amtszeit auf einem Rekordhoch, was die Beliebtheitswerte betrifft. 62 Prozent der Italiener sind mit der Regierung zufrieden, wie die jüngsten Umfragen ergeben. Salvinis Popularität liegt bei 60 Prozent. 54 Prozent, also mehr als jeder zweite Italiener, begrüßen den harten Kurs in Sachen Einwanderung. (APA, 21.9.2018)