Baustelle "leistbares Wohnen" in Deutschland. Die Eckpunkte des Wohngipfels sollen Verbesserungen bringen.

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Berlin – Bund, Bauwirtschaft und Mieterbund wollen mit einem Pakt für mehr und bezahlbare Wohnungen den Wohnungsmangel vor allem in Ballungszentren lindern. "Die Frage des Wohnens ist eine gesellschaftliche Frage, die uns alle angeht, die über den Zusammenhalt der Gesellschaft sehr viel entscheidet", sagte Kanzlerin Angela Merkel am Freitag nach einem Treffen von Spitzenvertretern der Regierung und Verbände.

Bauminister Horst Seehofer sagte: "Es ist meiner Kenntnis nach die größte Anstrengung in Deutschland, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen." Der Bund will mit über fünf Milliarden Euro dafür sorgen, dass bis 2021 gut 100.000 Sozialwohnungen gebaut werden. Bis 2021 sollen rund 1,5 Millionen neue Wohnungen entstehen. Während die Bauwirtschaft die Vorhaben lobte, sprach der Mieterbund von altbekannten Vorschlägen und verlangte Handeln.

Schnelles Bauen gegen Wohnungsnot

Das beschlossene Eckpunktepapier (Details siehe unten) umfasst eine Reihe von Instrumenten, die teilweise schon in Kraft sind. Dies betrifft etwa das Baukindergeld oder Steuererleichterungen für Investoren in den Mietwohnungsbau. Kurz vor dem Wohnungsgipfel wurde aber auch noch vereinbart, das Wohngeld für ärmere Haushalte ab 2020 zu erhöhen. Die Mietpreisbremse soll verschärft werden und das Bauen einfacher und schneller werden. Die Lage ist besonders in Metropolen wie Berlin, Frankfurt oder München angespannt, die Preise für Eigentumswohnungen und auch Mieten haben sich in den letzten zehn Jahren häufig verdoppelt.

Finanzminister Olaf Scholz sagte, es sei nicht absehbar, dass dieser Trend sich in Kürze ändern werde. "Wir haben einen säkularen Boom, was die Nachfrage nach Wohnungen betrifft." Für die meisten Mieter seien mehr als zehn Euro pro Quadratmeter nicht zu bezahlen. Daher sei es richtig, dass der Bund hier mehr Geld gebe. Merkel und Scholz forderten, dass vor allem schnell gebaut werden müsse, um die Lage zu entspannen.

Vereinfachte Bauvorschriften

Scholz und die SPD machten zudem deutlich, dass sie auch gegen Missbrauch bei Eigenbedarfskündigungen schärfer vorgehen wollen. Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen soll erschwert werden. Der Bund will zudem Flächen vergünstigt an Städte und Gemeinden abgeben, damit dort Wohnraum entstehen kann. Verfahren im Baurecht soll vereinfacht und beschleunigt werden.

Reaktionen von skeptisch bis "zu kurz gedacht"

Der Mieterbund äußerte sich dennoch skeptisch. Der Gipfel habe vor allem Symbolcharakter gehabt, sagte Verbandschef Lukas Siebenkotten. "Angesichts der aktuellen Wohnungsnöte von hunderttausenden Mietern ist schnelles Handeln erforderlich." Die Bauwirtschaft nannte die Beschlüsse zwar richtig: "Aber Beschlüsse alleine reichen nicht. Nun geht es darum, sie möglichst zügig umzusetzen", sagte der Präsident des Zentralverbandes des Baugewerbes (ZDB), Hans Hartwig Loewenstein. Der Gesamtverband deutscher Wohnungsunternehmen (GdW) nannte es gut, dass Bauen und Wohnen nun Chefsache seien.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, sagte im Sender Phoenix: "Bauen, bauen, bauen. Langfristig und preiswerter bauen. Und auch mal in die Niederlande schauen, die haben viel weniger Standards und leben auch ganz gut." Auch Wirtschaftsminister Altmaier verlangte weniger Bürokratie am Bau. Dies sei die einzige Möglichkeit, um Wohnungsnot zu lindern, sagte der CDU-Politiker der "Passauer Neuen Presse". Genehmigungsverfahren müssten beschleunigt sowie Regularien und Bauweisen vereinfacht werden. So sollten bei den Energievorschriften die Standards erst einmal nicht erhöht werden, um zusätzliche Bürokratie und Kosten zu vermeiden.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) warnte zusammen mit auf Sanierung spezialisierten Verbänden davor, die Energieeffizienz in Gebäuden als Sündenbock für steigende Mieten und Baupreise zu nutzen. Bauminister Seehofer (CSU) wolle auf Kosten einer nachhaltigen Wohnungspolitik offenbar Wahlkampf in Bayern machen. "Das ist zu kurz gedacht und fällt letztendlich wieder denjenigen auf die Füße, die aus Kostengründen in nicht ausreichend energetisch ertüchtigten Wohnungen leben, dafür aber perspektivisch viel Geld für Heizkosten einplanen müssen", sagte DUH-Expertin Barbara Metz. (Reuters, 21.9.2018)