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Foto: AP / Fredrik Persson

Stockholm – Die schwedische Right-Livelihood-Stiftung vergibt heuer erstmals eine ihrer als Alternative Nobelpreise bekannten Auszeichnungen nach Saudi-Arabien. Drei derzeit im Gefängnis sitzende Menschenrechtsaktivisten erhalten einen der Preise für "ihren visionären und mutigen Einsatz, geleitet von universellen Menschenrechtsprinzipien, das totalitäre politische System in Saudi-Arabien zu reformieren".

Abdullah al-Hamid, Mohammad Fahad al-Qahtani und Waleed Abu al-Khair gehören laut Right Livelihood zu den prominentesten Menschenrechtlern in Saudi-Arabien. Sie setzen sich für die Umwandlung des autoritären Systems in eine konstitutionelle Monarchie westlichen Zuschnitts sowie für die vollständige Gleichstellung der Frauen und einen von Gewaltenteilung geprägten, pluralistischen Rechtsstaat ein.

Im Zusammenhang mit ihrer Arbeit wurden die drei Aktivisten zu Haftstrafen zwischen zehn und 15 Jahren verurteilt. Stiftungsdirektor Ole von Uexküll kommentierte zur Entscheidung der internationalen Auswahljury für die drei Demokratiekämpfer, es sei "beschämend zu sehen, dass sich selbst demokratisch gewählte Politiker anderer Länder an die Seite der repressiven saudischen Herrscherfamilie stellen, anstatt die mutigen Reformer zu unterstützen, die für Demokratie und Gleichheit in Saudi-Arabien einstehen".

Agrarwissenschafter und Korruptionsbekämpfer

Weitere Preise gehen an den australischen Agrarwissenschafter Tony Rinaudo und den Bauern Yacouba Sawadogo aus Burkina Faso. Beide haben zukunftsweisende Methoden entwickelt, um Wüsten und andere öde liegende Flächen rasch und kostengünstig wieder in Wald zu verwandeln oder anderweitig zu revitalisieren und landwirtschaftlich nutzbar zu machen.

Den nicht dotierten Ehrenpreis der Jury bekommen heuer die beiden Korruptionsbekämpfer Thelma Aldana (Guatemala) und Ivan Velasquez (Kolumbien). Die übrigen Right Livelihood Awards sind mit jeweils einer Million Schwedische Kronen dotiert und dienen der Fortführung der Arbeit der Preisträger. Die Preisverleihung findet diesmal am 23. November in Stockholm statt.

Anders als die meisten anderen internationalen Preise dieser Art hat der Right Livelihood Award keine Kategorien. In der 39-jährigen Geschichte des Alternativen Nobelpreises gab es bisher 174 Preisträger aus 70 Ländern, darunter drei Österreicher.

Die Preisträger im Überblick:

Abdullah Al-Hamid, Mohammad Fahad Al-Qahatni und Waleed Abu Al-Khair setzen sich für politischen Wandel in Saudi-Arabien ein. Sie fordern die Abschaffung des Machtmonopols der Königsfamilie und des ultrakonservativen wahhabitischen Klerus. Sie treten für universelle Menschenrechte und die Errichtung einer konstitutionellen Monarchie inklusive Gewaltenteilung und Abschaffung der männlichen Vormundschaft für Frauen ein. Im Zusammenhang mit ihrer Arbeit wurden sie zu Haftstrafen zwischen zehn und 15 Jahren verurteilt, alle befinden sich derzeit im Gefängnis. Die Akademiker Hamid und Qahtani sind Mitgründer einer der wenigen saudischen Menschenrechtsorganisationen, der Saudi Civil and Political Rights Association (ACPRA). Sie ist in Saudi-Arabien verboten. Rechtsanwalt Khair ist für die juristische Verteidigung anderer prominenter Aktivisten und für die Gründung einer weiteren, ebenfalls verbotenen Menschenrechtsorganisation unter dem Namen Monitor of Human Rights in Saudi Arabia (MHRSA) bekannt.

Der Landwirt Yacouba Sawadogo ist bekannt als "der Mann, der die Wüste aufhielt". Um 1980 begann er während einer schweren Dürre einen 40 Hektar großen Wald auf brachliegendem Land zu pflanzen. Heute ist mit 60 Arten von Bäumen und Sträuchern der vermutlich vielfältigste Wald geworden, der in der Sahelzone bewirtschaftet wird. Sawadogos Erfolg basiert auf seiner Weiterentwicklung von traditionellen Pflanzgruben ("Zai") in denen Biomasse, Wasser und Bodenkrumen zurückgehalten werden können. Sawadogo bietet Schulungen für Bauern an und versetzt diese damit in die Lage, ihr Land ähnlich erfolgreich zu bewirtschaften. So wurden alleine in Burkina Faso und im Niger Zehntausende Hektar stark degradierter Flächen wieder fruchtbar gemacht. Experten gehen davon aus, dass die Methode dazu beitragen kann, Migration zu reduzieren und nachhaltigen Frieden in der Sahelzone zu schaffen.

Der australische Agrarwissenschafter Tony Rinaudo entwickelte nach Erfahrungen als Entwicklungshelfer im Niger in jahrzehntelanger Arbeit ebenfalls eine Methode, verödete Gebiete in der Sahelzone wieder zu bepflanzen. Er gilt in der Region als "der Waldmacher". Inzwischen hat sich seine unter dem Namen "Farmer-managed natural regeneration" (FMNR) bekannte Entwicklung weltweit verbreitet. Die Grundidee liegt darin, Bäume aus noch intakten Wurzelsystemen wieder heranzuziehen. Mithilfe dieser Methode wurden alleine in Niger rund 50.000 Quadratkilometer Land mit über 200 Millionen neuen Bäumen bepflanzt. Es wird geschätzt, dass FMNR das Potenzial hat, Trockengebiete mit einer Gesamtfläche von der Größe Indiens weltweit zu regenerieren.

Die guatemaltekische Staatsanwältin Thelma Aldana und der aus Kolumbien stammende Leiter einer unter der Ägide der Uno stehenden internationalen Ermittlungskommission, Ivan Velasquez, haben gemeinsam einen der erfolgreichsten Antikorruptionseinsätze der Welt geleitet. Es gelang ihnen, über 60 kriminelle Strukturen zu identifizieren, mehr als 310 Verurteilungen zu erwirken und 34 Gesetzesreformen auf den Weg zu bringen. Für ihren Einsatz sahen sie sich anhaltendem Widerstand und großen persönlichen Gefahren ausgesetzt. (APA, 24.9.2018)