Bei der Uno sind wieder einmal alle Augen auf Trump gerichtet. Doch wirklich freut sich kaum jemand auf seine Rede.

Foto: APA/AFP/TIMOTHY A. CLARY

New York – Wenn viel passiert, gerät manches schnell in Vergessenheit. Von der Rede, mit der US-Präsident Donald Trump im Vorjahr bei der UN-Generalversammlung debütierte, ist daher vor allem eine Wendung erinnerlich, die er dort gar nicht zum ersten Mal verwendet hatte. Denn als "Litte Rocket Man" hatte der US-Präsident Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un schon zuvor auf Twitter bezeichnet. Weniger präsent ist vielen dagegen, dass Trump damals auch mit der "totalen Zerstörung" Nordkoreas, mit Krieg gegen Venezuela und mit einer Streichung der amerikanischen UN-Beiträge gedroht hat.

Weil der US-Präsident den Diktator Nordkoreas mittlerweile als "Ehrenmann" bezeichnet, den er gerne bald wieder treffen würde, ist diesen Dienstag nicht mit der Verkündung eines Atomkriegs aus dem Herzen der internationalen Gemeinschaft zu rechnen. Umso mehr ging bei vielen Mitgliedern der Vereinten Nationen zuletzt aber die Sorge um, Trump könnte diesmal die Situation mit dem Iran eskalieren oder die Uno selbst zum Ziel seiner Ausführungen machen.

Blick auf die Midterm-Wahlen

Für Letzteres hatte seine UN-Botschafterin Nikki Haley zuletzt Indizien geliefert, als sie mit Blick auf die Rede sagte, ihre Regierung lehne zwar den Multilateralismus nicht ab, finde aber, dass die nationale Souveränität über allem stehen müsse. Ihre Ausführungen vor der Presse begann sie zudem mit der Aufforderung, den Krisen in Venezuela und Nicaragua mehr Beachtung zu schenken. Zudem wolle der Präsident die Großzügigkeit der USA bei der Entwicklungshilfe ansprechen und betonen, dass diese künftig nur noch jenen Staaten zuteilwerden solle, "die unsere Werte teilen". Der Blick, heißt es, solle dabei auch auf einer medienwirksamen Präsentation Trump'scher "Amerika First"-Ideologie wenige Wochen vor den Midterm-Wahlen in den USA liegen, wo den Republikanern schwere Verluste drohen.

Dafür, dass Trump den Iran ins Visier nehmen wird, spricht zudem der Plan des US-Präsidenten, einen Tag nach seiner Rede eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats zu leiten. Das wird möglich, weil die USA in diesem Jahr laut rotierendem UNSC-Kalender im September Themen und Termine setzen dürfen. Ähnliches hatte es bereits in vergangenen Jahren gegeben, so leitete Präsident Barack Obama 2009 und 2014 Sitzungen des Rates.

Trumps Trigger

Doch während sich der US-Präsident damals mit der Nichtverbreitung von Atomwaffen und Antiterrormaßnahmen beschäftigte, bei denen sich die Mitglieder einig waren, sollte es laut Vorabmeldungen diesmal ursprünglich um den Iran gehen. Laut Haley ("Das wird sicher die meistbeachtete Sicherheitsratssitzung aller Zeiten") ist zuletzt aber die Entscheidung gefallen, dass es wegen der möglichen Offensive auf das syrische Idlib und der Sanktionen gegen Nordkorea doch erneut um die Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen gehen solle. Womöglich war den US-Planern klargeworden, dass Trump bei einer Diskussion über den Iran isoliert wirken würde.

Wie in US-Medien zu lesen war, geht unter US-Diplomaten dennoch die Sorge um, der Präsident könnte sich in Diskussionen verwickeln lassen und sich dann besonders undiplomatisch äußern. Die Website "UN Dispatch" zitierte eine anonyme Quelle aus der US-Regierung mit den Worten, dass viele Trump-Berater mittlerweile wüssten, welche Reizworte sie vermeiden müssten, wenn sie Trump nicht zum Toben bringen wollen. "In ungeplanten Situationen, wo andere Länder ihn bewusst provozieren könnten, ist das nicht möglich."

Rohani spricht kurz nach Trump

Denkbar ist etwa, dass Trump auch wegen der auf ihn folgenden Reden am Dienstag in schlechterer Stimmung sein wird. Zwar ist unwahrscheinlich, dass sich der US-Präsident vom erwarteten Klimaschutzplädoyer seines französischen Freundes Emmanuel Macron, der kurz nach ihm spricht, die Stimmung trüben lässt.

Allerdings ist kurz darauf auch die Rede des iranischen Präsident Hassan Rohani geplant. Er wird wohl scharfe Worte zum Angriff auf eine iranische Militärparade mit mindestens 25 Toten finden, für die Teheran am Samstag die mit den USA verbündeten Golfstaaten verantwortlich machte. Darüber hinaus wird er vermutlich den Atomdeal ansprechen. Sollte er ihn verteidigen, könnte ihm die britische Premierministerin Theresa May, die in der Nacht auf Dienstag spricht, zustimmen. Das würde Trump wohl kaum erfreuen. (Manuel Escher aus New York, 24.9.2018)