Polcanova räumte bei der EM groß ab.

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Rudolf Sporrer hat in vierzig ÖTTV-Jahren viel erreicht

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Bei nur einer EM holte Sofia Polcanova drei Medaillen.

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Alicante/Wien – Das nennt man eine Ausbeute. Mit je einer Gold- und Bronzemedaille sowie mit eineinhalb Silbermedaillen kehrte Österreichs Tischtennisteam von der EM in Alicante/Spanien zurück. Die halbe Medaille rührt daher, dass Sofia Polcanova im Doppel mit einer Russin angetreten war. Die 24-Jährige, die in der Republik Moldau geboren und seit ihrem 14. Lebensjahr in Linz daheim ist, holte mit dem Niederösterreicher Stefan Fegerl auch Silber im Mixedbewerb sowie solo Bronze.

Polcanova trug maßgeblich dazu bei, dass Österreich im Medaillenspiegel hinter Deutschland auf Platz zwei kam. Basis dafür war freilich der Triumph von Robert Gardos und Daniel Habesohn am Sonntag im Doppel. Seit 1998 ist Österreichs Verband (ÖTTV) nur bei zwei EM-Auflagen leer ausgegangen, ansonsten gab es jedes Jahr zumindest eine Medaille, oft deutlich mehr. Insgesamt schauten acht Goldene, zwölf Silberne und 17 Bronzene heraus. In kaum einem anderen Sport ist Österreich auf europäischer Ebene so erfolgreich.

Ding Yi als Vorreiter

Erfolge haben viele Eltern, in diesem Fall kann man nicht falschliegen, wenn man Ding Yi anführt. Der mittlerweile 59-Jährige spielte ab Mitte der 80er-Jahre in Österreich, 1987 bekam er die Staatsbürgerschaft. Kürzlich hat der Austrochinese ein exakt dreißig Jahre altes Foto aus Seoul gepostet, ein Foto von der ersten seiner vier Olympiateilnahmen. Ding Yi zog einige Talente mit, allen voran Werner Schlager, der 2003 als Weltmeister in Paris für eine Sensation sorgen sollte.

"Wir haben immer auch an die Zukunft gedacht, wir haben immer Weichen gestellt", sagt Rudolf Sporrer, der vierzig Jahre lang ÖTTV-Generalsekretär war und vor kurzem in Pension ging, dem Verband aber als "Vizepräsident Organisation" erhalten blieb. "Oft besteht die Gefahr, dass man sich auf die Etablierten konzentriert und den Nachwuchs vernachlässigt. Wir haben uns bemüht, die Jungen immer mitzunehmen und auch einzusetzen."

Academy und Ausland

Ein wesentlicher Punkt sei das Training mit internationalen Topleuten, ihm hatte sich nicht zuletzt die Anfang 2011 eröffnete Werner Schlager Academy in Schwechat verschrieben, wo u. a. Fegerl und Habesohn beste Bedingungen vorfanden. Dass die WSA Ende 2015 Insolvenz anmelden musste, traf die heimischen Spitzenspieler insofern kaum, als sie von ausländischen Topklubs geholt wurden. Fegerl übersiedelte erst kürzlich von Düsseldorf nach Ochsenhausen. Auch Habesohn steht in Deutschland, bei Mühlhausen, unter Vertrag, und Gardos spielt seit Jahren für Chartres in Frankreich.

Bei den Olympischen Spielen 2020 ist von den Österreichern einiges zu erwarten, auch wenn in Tokio keine Doppelbewerbe auf dem Programm stehen. Doch sowohl im Mixed wie auch in den zwei Teambewerben könnten sich Medaillenchancen eröffnen. Der Verband setzt seit kurzem auf frühere Spitzenspieler in wichtigen Positionen, Peter Eckel ist "Vizepräsident Sport", Karl Jindrak Sportdirektor.

Finanzielle Sorgen

Sporrer versichert, dass finanzielle Probleme, in denen der Verband steckt, den sportlichen Betrieb nicht tangieren sollen. Das Sportministerium wirft dem ÖTTV schlampige Abrechnungen vor, in denen wesentliche Belege fehlen, und verlangt zumindest 320.000 Euro an ausbezahlten Fördergeldern zurück. "Das ist eine sehr harte Geschichte für uns", bestätigt Sporrer, er hofft auf "weitere Gespräche".

Dem Verband wird vorgehalten, er habe die Warnungen von Rechnungsprüfern in den Wind geschlagen und nicht früher reinen Tisch gemacht. Rückzahlungen sollen jedenfalls aus "Eigenmitteln" geleistet werden, ansonsten hält man sich im ÖTTV bedeckt. Väter von Erfolgen finden sich leichter als Väter von Miseren. (Fritz Neumann, 25.9.2018)