Wesentlich sinnvoller als ein primär flächenorientiertes Förderwesen wäre ein System, das Qualität belohnt.

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Noch standen Ziegenstreicheln und Eisschlecken auf dem Programm. Während sich die EU-Agrarminister, die derzeit in Niederösterreich weilen, am Montag mit einem lukullischen Rahmenprogramm begnügten, wird es am Dienstag ernster. Die anstehende Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) steht ganz oben auf der Agenda des informellen Ministerrats in Schloss Hof. Im Rahmen dieser sollen Gelder aus dem EU-Fördertopf nicht nur gekürzt, sondern auch umverteilt werden.

Tatsächlich gehört das System aus der Nachkriegszeit aber nicht nur umgeschichtet, sondern längst mit Heugabeln ausgemistet. Denn auch wenn Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) oft und gerne von "bäuerlichen Familienbetrieben" spricht, die ihr am Herzen liegen, fördern GAP-Gelder vor allem die Agrarindustrie. EU-weit bekommen 1,5 Prozent der Landwirte rund ein Drittel der Gelder. 80 Prozent der Bauern erhalten hingegen jeweils weniger als 5000 Euro aus dem Fördertopf.

Es ist ein heikles Thema, das in der Vergangenheit mehrfach umschifft wurde. Erst der anstehende Brexit, der das EU-Budget schmälern wird, brachte den Förderwahnsinn wieder auf die Tagesordnung. Denn es geht um viel Geld: Die Gemeinsame Agrarpolitik macht derzeit knapp 40 Prozent des Gesamthaushaltes der EU aus. Im kommenden Finanzrahmen (2021-2027) soll das Budget zwar um fünf Prozent gekürzt werden, dennoch stehen Europas Bauern in diesem Zeitraum insgesamt 365 Milliarden Euro zu, die neben der ländlichen Entwicklung größtenteils als Direktzahlungen an Landwirte verteilt werden. Dabei gilt: Je größer die betriebliche Fläche, desto mehr EU-Geld gibt es.

Förderdeckelung

Künftig soll es weniger für die Großen geben und mehr für die Kleinen: Die EU-Kommission sieht eine Förderdeckelung bei 60.000 Euro pro Betrieb vor. Köstinger hielt sich in diesem Punkt bisher bedeckt und kündigte am Montag erstmals im Ö1-"Morgenjournal" an, die Pläne zu unterstützen.

Unabhängig von der Höhe sind die Direktzahlungen, die einst der Versorgungs- und Preissicherheit innerhalb der EU dienten, eine reine Marktverzerrung. Denn wo sonst, außer im Agrarbereich, erhalten Privatwirtschaftstreibende dermaßen hohe Zuschüsse?

Wesentlich sinnvoller als ein primär flächenorientiertes Förderwesen wäre ein System, das Qualität belohnt. Erfüllt ein Landwirt gewisse Bestimmungen, sei es die Reduktion von Spritzmitteln, die Erhaltung der Artenvielfalt oder die Erweiterung der Freilauffläche, erhält er mehr Geld.

Damit könnten Fördersummen sukzessive umverteilt und letztlich auch abgebaut werden. Natürlich würde eine Reduktion dazu führen, dass Agrarprodukte aus der Union teurer werden. Aber auch hier hätte die EU – vor allem angesichts der freiwerdenden Milliarden – durchaus Spielraum. So könnte die Überschwemmung mit billigeren Agrarprodukten aus Übersee beispielsweise mit der Einführung von CO2-Zöllen und einer CO2-Steuer abgefedert werden, um den Klimaschutz voranzutreiben und Emissionen einzusparen. Auf nationalstaatlicher Ebene wäre eine Mehrwertsteuersenkung auf Lebensmittel eine Möglichkeit, eine mit der umweltverträglicheren Produktion verbundene Verteuerung auszubalancieren.

Doch derart weitreichende Reformen stehen derzeit nicht zur Debatte: leider. Die Minister üben sich lieber im Ziegenstreicheln als im Ausmisten. (Nora Laufer, 24.9.2018)