Als zentrale außeruniversitäre Einrichtung für Wissenschaft und Forschung in Österreich lautet die gesetzlich verankerte Aufgabe der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), "die Wissenschaft in jeder Hinsicht zu fördern". Um dieser Aufgabe voll gerecht zu werden und sie noch besser zu erfüllen, strebten 2005 einige Mitglieder der Akademie eine konkrete Einbindung des wissenschaftlichen Nachwuchses an. Dass die Mitgliederversammlung der ÖAW damals äußerst homogen war und klar von etablierten männlichen Wissenschaftern im fortgeschrittenen Alter dominiert wurde, ist kein spezifisches, sondern ein allgemeines Phänomenen von Akademien aufgrund historischer und demografischer Faktoren.

Zunächst wurden die damaligen Start-Preisträger und -Preisträgerinnen des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) dazu eingeladen, eine neue, dynamische Klasse der Akademie zu bilden – allerdings ohne jegliches Mitspracherecht in den Belangen der ÖAW. Dieser Vorschlag wurde im Herbst 2005 bei einem Meeting der Start-Preisträger und -Preisträgerinnen einhellig verworfen, doch beauftragte eine informelle Gruppe von Sprechern exzellenter Nachwuchswissenschafterinnen und Nachwuchswissenschafter die Ausarbeitung eines Konzepts, das eine Mitarbeit in der ÖAW mit substanziellen Mitbestimmungsrechten vorsah. Diesem Konzept verdanken wir die bis heute gültigen Grundideen und vor allem die Rechte der Jungen Akademie.

Dynamisierung und Verjüngung mit Mitspracherecht

Zunächst galt es, die Transparenz der Mitgliederwahl der neuen "Dynamischen Klasse" zu gewährleisten. Diese erfolgt deshalb aufgrund strenger internationaler Evaluation – nur Forscherinnen und Forscher, die für ihre Arbeit mit namhaften Preisen und Stipendien wie etwa dem Start-Preis oder dem Elise-Richter-Stipendium des FWF sowie den Starting und Consolidator Grants des Europäischer Forschungsrat (ERC) ausgezeichnet wurden, kommen infrage.

Neue Mitglieder dürfen beim Eintritt ein Höchstalter von vierzig Jahren nicht überschreiten (bei Erziehungszeiten erhöht sich die Grenze um maximal zwei Jahre). Um der Idee einer "Dynamischen Klasse" gerecht zu werden, ist die Mitgliedschaft auf acht Jahre beschränkt. Außerdem wurden weitreichende Mitbestimmungsrechte innerhalb der Akademie gefordert ‒ zum einem, um die Gesamtstruktur der ÖAW real zu verjüngen, zum anderen, um Einfluss auf Budgetentscheidungen zu erlangen.

Die Einbindung des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Gelehrtengesellschaft der ÖAW feiert mit der Jungen Akademie heuer ihr zehnjähriges Bestehen.
Foto: ÖAW

Mitglieder der "Dynamischen Klasse" sollten im Grunde die gleichen Rechten und Pflichten wie die wirklichen Mitglieder bekommen und durch die Entsendung von 16 stimmberechtigten Delegierten zu den Gesamtsitzungen und die Mitwirkung in Gremien der Akademie aktiv mitarbeiten und gestalten. Diese umfassende Integration innerhalb der ÖAW ist einzigartig unter den zahlreichen anderen internationalen "Jungen Akademien" Europas, die bis heute zumeist nicht integraler Bestandteil ihrer "Mutter"-Akademien sind, sondern jung-dynamische Fraktionen ohne echte Mitbestimmungsrechte.

Erhöhung des Frauenanteils

Dieses also in vieler Hinsicht innovative österreichische Konzept mit einer klaren Zukunftsvision und konkreten Forderungen wurde dann dem Präsidium der ÖAW übermittelt. Im Jänner 2006 begannen langwierige Verhandlungen, in deren Zuge unter anderem der Name "Dynamische Klasse" auf "Junge Kurie" geändert wurde.

Im Herbst 2007 war es aber soweit: die "Junge Kurie" wurde in einer vom ÖAW-Senat und dem damaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer akkordierten Satzung verankert. Die Gesamtsitzung im Dezember 2007 war dann so etwas wie die Geburtsstunde der Jungen Kurie: 38 Start- und EURYI-Preisträgerinnen und -Preisträger wurden als Kern der neuen Versammlung von Nachwuchswissenschafterinnen und Nachwuchswissenschaftern aufgenommen und sollten künftig Gehör in der ÖAW finden.

Da die Erhöhung des Frauenanteils und ein ausgewogenes Verhältnis der Disziplinen zu den dezidierten Zielen der neuen Akademieklasse zählten, wurden im Frühling 2008 zusätzlich 16 neue Mitglieder aufgenommen. Vor allem Frauen aus geisteswissenschaftlichen Fächern konnten in einem strengen Evaluierungsverfahren ausgewählt werden. Nach der konstituierenden Sitzung im Mai 2008 wurde die Junge Kurie im Juni 2008 schließlich voll operativ und nahm ihre Aktivitäten auf.

2016 erfolgte im Rahmen der Satzungsänderung der ÖAW auch eine Namensänderung der Jungen Kurie in "Junge Akademie", ohne allerdings Modifikationen an den Strukturen vorzunehmen. Am 27. September 2018 werden wir unser zehnjähriges Bestehen feiern, mit dem Wissen, dass wir die Besonderheiten der "jungen" Klasse an der ÖAW, insbesondere in Sachen Mitspracherecht und Gestaltungsmöglichkeiten, der Hartnäckigkeit und dem Verhandlungsgeschick ihrer Initiatoren verdanken.

Gemeinsam für fachübergreifenden Dialog

Auch zehn Jahre später sind viele Ziele der Jungen Akademie die gleichen wie bei ihrer Gründung. Ein Beispiel ist die Überwindung der Trennung der Fachbereiche innerhalb der ÖAW in eine mathematisch-naturwissenschaftliche und eine philosophisch-historische Klasse. Die Junge Akademie plädiert für mehr Dialog zwischen scheinbar nichtverwandten Fächern und setzt sich für die Förderung und Stärkung interdisziplinärer Forschung auf höchstem wissenschaftlichem Niveau ein.

Da wir ein integraler Bestandteil der ÖAW sind, geschieht dies mittlerweile auch wirklich auf Augenhöhe und im engen Austausch mit allen Mitgliedern der Akademie, häufig in Kommissionsarbeiten. Es sind vor allem diese gemeinsamen Aktivitäten und Projekte wie unsere multidisziplinären Science Days, bei denen die hohe Forschungsstärke und das Zukunftspotenzial der Gesamtakademie sichtbar werden.

Fachübergreifende Dialoge prägen die Treffen und Projekte der Jungen Akademie.
Foto: ÖAW

Ein wichtiger Punkt bei der Mitgliederwahl ist nach wie vor der Frauenanteil. Ziel ist es, ein möglichst ausgewogenes Geschlechterverhältnis der Mitglieder zu erreichen. Derzeit sind 26 der aktuellen 62 Mitglieder der Jungen Akademie weiblich, das entspricht 42 Prozent. Der Frauenanteil unter den Mitgliedern der Gesamtakademie ist gegenwärtig noch etwas geringer, hat sich aber in den letzten Jahren erfreulicherweise verbessert. Diskussionen um die Zuwahlmodalitäten mit dem Ziel, den Frauenanteil signifikant und vor allem rasch zu erhöhen, sind aber noch immer nötig.

Noch viel Luft nach oben

Die Junge Akademie setzt sich weiterhin für bestmögliche Arbeits- und Forschungsbedingungen für alle Nachwuchswissenschafter und -wissenschafterinnen in Österreich ein, die Karriereverläufe auf internationalem Niveau erlauben. Dazu gehört auch, frühzeitig selbstverantwortlich zu forschen. Viele unserer Mitglieder können hier quasi als "Role-Models" fungieren und geben bereitwillig Tipps und Informationen in schwierigen Karrierestationen.

Als Junge Akademie melden wir uns auch durch offene Briefe an die Bundesregierung und Stellungnahmen zu Wort, wenn zum Beispiel die Forschungsfinanzierung besonders prekär zu werden scheint, und stehen im engen Kontakt zum FWF, insbesondere zu neuen Förderungsformaten.

Ganz allgemein sehen wir Frauenförderung, Gender-Mainstreaming und Diversitätsmanagement als essenzielle Anker im Wissenschaftssystem an, wobei allerdings aktuell noch überall viel Luft nach oben zu sein scheint – unser Einsatz ist also nach wie vor gefragt. Ein besonders wichtiges Thema ist für uns die Vereinbarkeit von Beruf und familiären Verpflichtungen, und zwar für Frauen und Männer – hier gilt es noch vieles zu verbessern und die vorhandenen Probleme anzusprechen. Dank unserer Vorgängerinnen und Vorgänger gibt es hierfür ein entsprechendes Diskussionsforum an der ÖAW, bei dem auch die Jungen Gehör finden. (Anna Artaker, Julia Budka, Elis Eder, Christian Hellmich, Barbara Kraus, Sophie Mayr, Katharina Rebay-Salisbury, Marie-Therese Wolfram, 26.9.2018)