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Wie aus dem Nichts tauchte Rick Astley mit dem Comebackalbum "50" vor zwei Jahren auf Platz eins der britischen Charts auf. Aktuelles Album: "Beautiful Life".

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Rick Astley beim Konzert im Dubliner Olympia Theatre 2017. Sein jüngeres Ich wacht als Projektion über den Auftritt.

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Mit dem Song "Never Gonna Give You Up" trällerte sich Rick Astley 1987 an die Spitze der Charts. Bald danach gab er seine Popkarriere auf. Seit seinem 50. Geburtstag ist er musikalisch wieder sehr präsent. Wir haben ihn nach den Helden seiner Jugend gefragt

Spartacus

Als ich fünf war, ließen sich meine Eltern scheiden. Wir wohnten in einer Kleinstadt zwischen Liverpool und Manchester – ich wuchs bei meinem Vater auf, während meine Mutter zurück in das Haus meiner Großmutter zog. Jedes Wochenende ging ich rüber zu ihr, wir setzten uns in ihr kleines Wohnzimmer und schauten alte Filme an. Ich erinnere mich sehr gut an "Spartacus" mit Kirk Douglas in der Titelrolle.

Ein Sklave, der gegen die übermächtige römische Armee kämpft – toll! Eine klassische Underdog-Geschichte. Meine Frau Lene buchte zu meinem 30. Geburtstag ein Kino, und ich sah den Film zum ersten Mal auf der großen Leinwand. Da fiel mir auf, wie modern der Film für seine Zeit war. In den frühen 1960er-Jahren verlangte Hollywood nach einfach gestrickten Heldensagas. Stanley Kubrick drehte eine komplett düstere Geschichte. Er ließ die Zuschauer von Anfang an wissen: Leute, es ist nicht fair, aber der Held wird nicht im Sonnenuntergang davonsegeln.

Barry Sheene

Meine zwei älteren Brüder besaßen, als sie jung waren, ein Motorrad. Beide hatten fürchterliche Unfälle, beide landeten mitten in der Nacht auf dem OP-Tisch, beide musste mein Vater aus dem Krankenhaus abholen. Nie wieder, erklärte er – und verbot mir das Fahren. Nur hinter dem Gartencenter, das er betrieb, durfte ich unter Aufsicht meiner Brüder üben. Na ja, und heimlich borgte ich mir eine Maschine von einem Freund aus. In den 70er-Jahren besaß der Motorradsport eine unglaubliche Anziehungskraft, weil Barry Sheene ihn populär gemacht hatte. Er war Weltmeister und ein Jugendidol, genauso wie James Hunt in der Formel 1.

Zwei junge Männer mit Sexappeal, die mit Supermodels ausgingen und jedes Wochenende im Privatjet woanders hinflogen. Und das als Engländer! Glamour gab es doch sonst nur in den USA. Sheene fuhr waghalsig, rauchte Kette und bestand buchstäblich aus Metall, weil er sich seine Knochen so oft gebrochen hatte. Einmal hörte ich, er würde eine Rennstrecke besuchen, nur 20 Kilometer von unserer Stadt entfernt. Ich bin auf dem Fahrrad hingefahren, stand am Zaun, sah Sheene und konnte es nicht fassen: Da steht der Kerl aus den Medien!

Frank Sinatra

Mein Vater sang ständig Lieder von Frank Sinatra im Haus, wenn er etwas zusammenschraubte. Ich konnte mit den Songs erst wenig anfangen. Später hörte ich mir seine Platten genauer an und verstand, was für ein Ausnahmetalent er war. Er spielte an einem Nachmittag ganze Alben ein. Sein Gesangsstil ahmte amerikanische Jazzsänger wie Billie Holiday nach, was in den 50er-Jahren als ziemlich modern galt. Eine sehr einfühlsame Art zu singen, auch wenn sein Auftritt das Gegenteil darstellte. Gestriegelt und geschniegelt stand er wie ein Lackaffe auf der Bühne – mit Anzug, Hut und perfektem Seitenscheitel.

In einem Buch, das sein Butler aus den 40er- und 50er-Jahren über ihn geschrieben hatte, las ich, dass Sinatras Lieblingsfarbe Orange war. Er trug mit Vorliebe Anzüge in dieser Farbe, nur sieht man das heute nicht, weil die Fotos schwarz-weiß sind. Für seine Zeit war er ein Rockstar. Ich habe einige seiner Lieder mit Big Bands eingesungen und gemerkt, wie Sinatras Gesangsstil bis heute nachwirkt. Du kannst die Lieder einfach nicht besser vortragen. Michael Bublé, so großartig er als Sänger ist, hat eine ganze Karriere daraus gemacht, Sinatra zu kopieren.

Muhammad Ali

Die BBC strahlte in den 70er-Jahren eine Talkshow mit Michael Parkinson aus, in der er jedes Mal eine andere Persönlichkeit interviewte. Dort sah ich zum ersten Mal Muhammad Ali. Vor der Sendung wusste ich schon, dass er ein Ausnahmeboxer war. Ich dachte, er sei bestimmt einer dieser Sportler, die sich nicht richtig artikulieren konnten. Wie falsch ich lag! Ali sah fantastisch aus, war clever, lustig, eloquent, ein echter Superstar. Und er symbolisierte alles, womit das Land Schwierigkeiten hatte.

Als Schwarzer kämpfte er für Bürgerrechte, als Soldat stellte er sich gegen den Vietnamkrieg und weigerte sich, dort zu kämpfen. Ich ließ mir nach der Sendung alles über seinen berühmten Kampf in Kinshasa erzählen, den "Rumble In The Jungle". Jeder dachte, dass Ali keine Chance gegen Foreman hätte. In den ersten Runden kassierte er Prügel, Foreman war größer, jünger und stärker, er drosch auf Ali ein und verausgabte sich. Als dieser endlich zurückschlug, war Foreman bereits völlig erschöpft.

Martina Navratilova

In Großbritannien haben wir die Radiosendung Desert Island Discs, in der Prominente die Musik auswählen, die sie auf eine einsame Insel mitnehmen würden und nebenbei erzählen, was ihnen diese Lieder bedeuteten. Vor ein paar Jahren war Martina Navrátilová Gast, und ich schluchzte die ganze Sendung über. Sie erzählte, wie sie das erste Mal im Finale von Wimbledon stand, in den frühen 70er-Jahren, und niemand aus ihrer Familie als Beistand in der Loge sitzen konnte, weil man sie nicht aus der Tschechoslowakei ausreisen ließ.

Und dann die bösen Meldungen über ihre Homosexualität. Im Rückblick mag das prähistorisch anmuten, doch in den 80er-Jahren konnten Sportlerinnen ihre Sponsorenverträge verlieren, wenn sie öffentlich lesbisch lebten. Deshalb errichtete sie um sich herum einen Panzer, dessen Ecken scharf wie Rasierklingen wirkten. Je älter sie wurde, desto mehr sah man, dass sie ins Sportstudio ging. Sie wusste, um ihre Fitness zu erhalten, musste sie härter an ihrem Körper arbeiten als die jüngeren Spielerinnen. Diese starke Frau lächelte nie auf dem Platz, deshalb freute es mich, als sie im Radio viel wärmer rüberkam.

Sir Alex Ferguson

In den 80ern war Manchester United eine Fußballmannschaft, deren große Tage mit George Best weit zurücklagen. Liverpool stand an der Spitze der Tabelle, pfui Teufel, und Man-U schimpfte man einen Verliererverein. Bis 1986 Alex Ferguson kam. Ich dachte zuerst, okay, jetzt versucht sich ein Schotte als Trainer. Mit den Spielern, die er auf dem Feld aufstellte, hätte er eigentlich nicht gewinnen können. Es gab bessere in anderen Mannschaften. Doch er schaffte es, die Partien zu dominieren.

Weil er seine Männer motivieren konnte und die Spieler, na ja, Angst vor ihm hatten, oder sagen wir: Respekt. Für viele stellte er eine Vaterfigur dar, von der man gemocht werden wollte. Obwohl er von Spielern damals unerhörte Dinge verlangte. Sie sollten sich gesund ernähren, und das in einer Zeit, als die meisten Profis abends im Pub gesoffen und geraucht haben. Ich verstehe seinen Anspruch: Wenn wir gewinnen wollen, müssen wir alles geben. Dafür hat er seine Burschen wie eine Löwenmutter in Schutz genommen. Er war der erste Trainer, der vor laufender Kamera "Fuck off" gesagt hat, als ein Reporter einen Spieler wegen seines schlechten Spiels angriff.

Kate Bush

Ich sah Kate Bush zum ersten Mal Ende der 70er-Jahre in der Musikshow Top of the Pops. Danach dachte ich nur: Was war das denn? Eben noch eine Band, die "Da-da-da" ins Mikro trällerte, in schicken Klamotten auftrat und Tänzer mit sexy Choreografien hatte. Und plötzlich eine Frau auf der Bühne, die Ballett tanzte, ein Kostüm wie im Theater trug und mit einer Stimme sang, die aus einer anderen Welt zu kommen schien. Selbst als Teenager verstand ich, dass ihre Musik für dreieinhalb Minuten die Flucht in eine andere Welt war. Wie Kurzgeschichten, die mich auf eine Reise mitnahmen.

Als sie sich in den 90er-Jahren vom Musikgeschäft zurückzog, habe ich mir gerne vorgestellt, Kate Bush sei auf ihren Heimatplaneten zurückgekehrt und würde erst wieder zu uns auf die Erde kommen, wenn die Zeit dafür reif ist. Ich habe sie immer als Künstlerin angesehen, nicht nur als Popstar. Ich will mich nicht kleinreden, aber Kate Bush singt in einer anderen Liga als ich. So wie David Bowie und Prince es auch taten. Bei ihr passte alles in ein Gesamtkonzept. Ich gebe zu, ich bin darauf etwas neidisch, doch ich habe meinen Frieden damit geschlossen. (Ulf Lippitz, RONDO, 29.10.2018)

Official Rick Astley

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