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Volker Kauder wurde am Dienstag abgewählt.

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Ralph Brinkhaus, der neue Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion.

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Und wenn doch? Nein ... Wird nicht passieren. Sätze wie diese waren am Dienstagmorgen im politischen Berlin, vor allem in der CDU/CSU-Fraktion, viele gefallen. Schließlich stand am späten Nachmittag die Neuwahl der Fraktionsspitze an, und es gab eine Kampfkandidatur: Der nordrhein-westfälische Bundestagsabgeordnete Ralph Brinkhaus (CDU) trat gegen den bisher so mächtigen Fraktionschef Volker Kauder (CDU), der zu den engsten Vertrauten von Kanzlerin Angela Merkel zählt, an.

Gegen 17 Uhr war die politische Sensation perfekt: Brinkhaus schickte Kauder geschlagen vom Feld. Die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion wählten ihn mit 125 Stimmen zum neuen Chef, Kauder bekam nur 112 Stimmen.

Es ist ein nie da gewesener Vorgang und für Merkel besonders peinlich, weil Merkel sich im Vorfeld für Kauders Wiederwahl starkgemacht hatte. Der Jurist aus Baden-Württemberg organisierte ihr seit 2005 – also seit Merkel Kanzlerin ist – in verschiedenen Koalitionen die Mehrheit. Er gilt als absolut loyal und Merkel-treu.

Auch CSU-Chef Horst Seehofer und der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt, hatten sich vor der Wahl für Kauder ausgesprochen. Brinkhaus, der bisher einer der Stellvertreter war, wurden nicht wirklich Chancen eingeräumt. Es würde, so waren sich viele einig, aber darum gehen, wie viele Stimmen er bekommt. Würden es viele sein und er einen Achtungserfolg erzielen, so hieß es in der Fraktion, werde das durchaus als Misstrauensvotum gegenüber Merkel zu werten sein.

Schnell an die Arbeit

Nun hat sich Brinkhaus sogar durchgesetzt. "Ich gratuliere dir ausdrücklich", sagte ein verblüffter Dobrindt nach der Wahl zu Brinkhaus, für den sich vor der Abstimmung kein namhafter Unions-Politiker starkgemacht hatte. Brinkhaus, über das ganze Gesicht strahlend, erwiderte: "Ich freue mich riesig über das Ergebnis." Es gehe jetzt darum, "ganz schnell wieder an die Arbeit zu kommen". Er erklärte aber auch: "Ich habe ganz großen Respekt vor der Leistung von Volker Kauder."

Die Wahl war geheim gewesen. Offenbar war es vielen Abgeordneten leichter gefallen, in der Wahlkabine ihr Kreuz bei Brinkhaus zu machen, als bei einer offenen Abstimmung für ihn zu votieren. Brinkhaus ist 50 Jahre alt, in den Bundestag zog er 2009 ein, er hat sich dort als Haushaltsexperte einen Namen gemacht.

Bei der Wahl trat er gegen Kauder an, um frischen Wind in die Fraktion zu bringen. Brinkhaus hat mehrmals deutlich gemacht, dass die Fraktion eigenständiger agieren solle und nicht nur Merkels Vorgaben aus der Regierung abnicken möge.

Unmut über die Chefin

In der Fraktion ist seit einigen Jahren wachsender Unmut gegen Merkel zu bemerken. Viele Abgeordnete hatten schon mit den Hilfspaketen zur Euro-Rettung Schwierigkeiten. Nach dem Herbst 2015, der die vielen Flüchtlinge nach Deutschland brachte, wurde die Stimmung nicht besser.

Zwar goutieren viele in der CDU die Angriffe der CSU auf die Kanzlerin nicht, insbesondere Seehofer steht diesbezüglich in der Kritik. Aber inhaltlich teilen viele den CSU-Ruf nach einer schärferen Migrationspolitik. Zuletzt hatte die Causa Maaßen nicht nur in der SPD, sondern auch in der CDU für schwere Verstimmung gesorgt. Dies dürfte ebenfalls zum Wahlergebnis beigetragen haben. (Birgit Baumann aus Berlin, 25.9.2018)