Das Schädeldecken-Implantat.

Foto: University of Guelph/Michelle Oblak

Nicht nur Roboter, auch 3D-Drucker spielen bereits eine wichtige Rolle im Medizinbetrieb. Die Technologie ermöglicht es, etwa, Unterlagen für die Züchtung von Organen herzustellen, Prothesen besser zu individualisieren oder passgenaue "Ersatzteile" für den Körper herzustellen. Freilich steht man in vielerlei Hinsicht noch am Anfang, doch Forschern der kanadischen University of Guelph und der US-amerikanischen Cornell University ist nun ein schöner Erfolg gelungen, wie The Province berichtet.

Die Veterinärchirurgin Michelle Oblak hatte es mit dem Fall der neunjährigen Dackel-Dame "Patches" zu tun, die an einem stets größer werdenden Gehirntumor litt. Dieser hatte ungefähr den Umfang einer Orange und somit für das Tier lebensbedrohliche Ausmaße erreicht.

Veterinärmedizinerin Michelle Oblak erklärt das Potenzial von 3D-gedruckten Schädeldecken.
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"Patches" wird Probe-Patientin

Eine Operation war für die Rettung der Hündin unausweichlich. Doch da der Tumor bereits durch ihre Schädeldecke gewachsen war, mussten bei dem Eingriff auch rund 70 Prozent des Schädelknochens entfernt werden. Die Ärztin aus Ontario nahm Kontakt mit ihrem Kollegen mit ihren New Yorker Kollegen auf, deren veterinärmedizische Abteilung als eine der besten der Welt gilt.

Dort hatte man zuletzt am Einsatz von 3D-Druck-Technologie für Hunde geforscht. Man erkannte Patches als ideale Patientin für einen Testlauf. Nach Einwilligung der Eignerin wurde eine Computertomographie des Schädels des Tieres angefertigt. Aus dem Abbild schnitt man virtuell den Tumor heraus und bestimmte so die Form der Schädelprothese sowie die Positionen der Schrauben zur Befestigung am verbleibenden Knochenmaterial.

Patches vor dem Eingriff.
Foto: University of Guelph/Michelle Oblak

Das so entstandene Modell übermittelte man an das in London (Ontario) ansässige Unternehmen Adeiss, das auf 3D-Druck für die Medizin spezialisiert ist. Dort wurde die Prothese schließlich aus Titan angefertigt.

Vierstündige OP

Beim Eingriff mussten die Ärzte schließlich einer von Oblak angefertigten Anleitung genau folgen. Denn um den neuen, künstlichen Teil des Schädelknochens anbringen zu können, war maximal eine Abweichung von zwei Millimetern gegenüber der Vorlage erlaubt.

Die Operation, die bereits am 23. März stattgefunden hat, dauerte vier Stunden und verlief erfolgreich. Laut Oblak ging Patches bereits 30 Minuten nach ihrem Erwachen auf ihren ersten "Gassi"-Spaziergang. In den kommenden Monaten will man mehr Details zum gesamten Fall veröffentlichen.

Patches nach der Operation.
Foto: University of Guelph/Michelle Oblak

Man erhofft, durch 3D-gedruckte Prothesen künftig Zeit und Geld sparen sowie – nicht nur bei Hunden – bessere Ergebnisse erzielen zu können. In ähnlichen Fällen wurde bisher von Chirurgen ein Titannetz angebracht. Eine Methode, die langwieriger, ungenauer und somit auch deutlich riskanter ist. (gpi, 25.09.2018)