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Marine Le Pens Partei könnte schon sehr bald in schwere Zahlungsnöte kommen.

Foto: REUTERS/Eric Gaillard

Paris – Hat der Front National im Europaparlament Phantomjobs geführt, um daraus jahrelang Saläre zu kassieren? Nach Justizermittlungen sollen die französischen Ultrarechten Mitarbeiter, die aus dem öffentlichen Parlamentsbudget in Straßburg entlohnt wurden, in Wahrheit am Parteisitz in Paris beschäftigt haben. Ein Pariser Berufungsgericht hat deshalb am Mittwoch eine Million Euro beschlagnahmen lassen. Diesen Betrag hatte die Partei von Marine Le Pen aus der staatlichen Parteienfinanzierung erhalten.

Die Staatsanwaltschaft hatte als Sicherheit die Beschlagnahmung von zwei Millionen Euro verlangt. Ein Anwalt des Rassemblement National (RN) – wie die Partei heute heißt – sprach von einem "ersten Sieg", da nur die Hälfte der erwarteten Summe beschlagnahmt wird. Vonseiten der Staatsanwaltschaft hieß es hingegen, in der Sache habe ihr das Gericht recht gegeben. Wenn es den Verdacht auf Scheinbeschäftigung bestätigen und den RS verurteilen sollte, müsste dieser bis zu sieben Millionen Euro zurückzahlen.

Le Pen befürchtet Ruin

Parteichefin Marine Le Pen hatte schon vor dem Gerichtsentscheid erklärt, der Entzug der Lohngelder drohe die Partei in den Ruin zu treiben. In Wirklichkeit hat sich der RN das Finanzloch weitgehend selber zuzuschreiben. Vor allem Schatzmeister Wallerand de Saint-Just ist unter Beschuss geraten, weil er nicht einmal in der Lage ist, die Verschuldung der Partei zu beziffern. Der aus der Partei ausgetretene Lokalpolitiker Eric Dillies erklärte, die Parteispitze lebe auf viel zu großem Fuß.

Der RN ist deshalb auch nicht mehr kreditwürdig: Die französischen Banken weigern sich allesamt, die Wahlkämpfe der Partei – auch im kommenden Jahr bei der Europawahl – zu finanzieren. Marine Le Pen musste bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr auf den Philippinen einen Kredit über acht Millionen Euro aufnehmen. Bei der folgenden Parlamentswahl zerschlugen sich die Hoffnungen, aufgrund der erwarteten Zahl von 50 bis 80 Abgeordneten Millionen an staatlicher Parteienfinanzierung zu erhalten – heute verfügt der RN in der Nationalversammlung nur über acht Sitze.

In einem Jahr wird die Partei zudem einen russischen Kredit über neun Millionen Euro rückerstatten müssen. Wie das geschehen soll, weiß wohl selbst Le Pen nicht. Vielleicht auch deshalb bezeichnet die RN-Chefin das Vorgehen der französischen Justiz als "Anschlag auf die Demokratie". Die Opferrolle bekommt den Frontisten noch immer am besten. (Stefan Brändle aus Paris, 26.9.2018)