Wie hoch die Rechtsgeschäftsgebühren sind, die das Finanzamt bei Geschäftsraummieten in Zukunft kassieren darf, hängt von der Beurteilung des Einzelfalls ab.

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Seit der Abschaffung der Mietvertragsgebühren für Wohnraummietverträge Ende 2017 existierte kurz die Hoffnung, dass die Gebühren für Geschäftsraummieten – ein österreichisches Unikum, das auf die Zeit von Maria Theresia zurückgeht – ebenfalls fallen. Hier war der Jubel etwas vorzeitig, dazu konnte sich der Gesetzgeber dann eben doch nicht durchringen.

Aktuell geht die Entwicklung sogar in eine völlig gegenteilige Richtung: Der Verwaltungsgerichtshof beschäftigte sich jüngst mit dem Thema und hat mit seiner Entscheidung (VwGH 26. 4. 2018, Ra 2018/16/0040) das Problem nicht verkleinert.

Die Frage war, ob bei einem Vertrag auf unbestimmte Dauer, in welchem der Mieter für zehn Jahre auf seine vertraglich vereinbarten Kündigungsmöglichkeiten verzichtete, ein Vertrag auf unbestimmte Dauer vorliegt oder eben auf eine bestimmte.

Kündigungsverzicht

Bei einem Vertrag auf bestimmte Dauer zieht das Finanzamt als Bemessungsgrundlage für die Rechtsgeschäftsgebühr den Bruttojahresmietzins inklusive Nebenkosten heran und multipliziert diesen mit der Vertragsdauer. Das kann das bis zu 18-Fache des Jahreswertes als Höchstwert ergeben. Bei einem Vertrag auf unbestimmte Dauer hingegen wird als Bemessungsgrundlage nur der dreifache Jahresbruttomietzins samt Nebenkosten herangezogen.

Was ist nun, wenn eine oder beide Seiten bei einem unbefristeten Vertrag einen Kündigungsverzicht vereinbaren? Ein einseitiger Kündigungsverzicht hat nach der bisherigen Judikatur die Vergebührung nicht erhöht, da der Vertrag in dieser Zeitspanne von der anderen Seite immer noch gekündigt werden konnte. Erst ein zweiseitiger Kündigungsverzicht auf bestimmte Zeit wurde von der Judikatur als Befristung verstanden und erhöhte die Rechtsgeschäftsgebühr.

Im aktuellen Fall verzichtete der Mieter für zehn Jahre auf sein Recht zur ordentlichen Aufkündigung des Vertrages. Theoretisch hatte die Vermieterin in dieser Zeit ein Kündigungsrecht. Allerdings kamen die Vorinstanzen zur Ansicht, dass von 16 Kündigungsgründen (§ 30 MRG) im gewerblichen Bereich lediglich drei tatsächlich infrage kämen – Mietzinsrückstand, Untervermietung und vertragswidrige Verwendung -, die zudem eine schuldhafte Vertragsverletzung voraussetzen würden.

Daraus folgerte das Gericht, dass die vereinbarten Kündigungsgründe nicht nach Belieben in Anspruch genommen werden können und die Kündigungsmöglichkeiten daher stark eingeschränkt sind.

Nach Ansicht des Gerichtes wurde lediglich ein möglicher Kündigungsgrund vereinbart, der in der Sphäre der Vermieterin lag und selbst dieser nicht umfassend. Die Wahrscheinlichkeit einer Auflösung war somit höchst gering. Die Folge: Der Vertrag wurde mit dem 13-fachen Jahresbruttomietzins samt Nebenkosten als Bemessungsgrundlage vergebührt – das Zehnfache für die zehn Jahre des Kündigungsverzichts und das Dreifache für die weitere unbestimmte Dauer.

Wende in der Berechnung

Diese Entscheidung stellt eine Wende in der bisherigen Handhabung der Gebührenberechnung dar. Tatsache ist, dass der VwGH sich mit der Rechtsfrage nicht weiter auseinandergesetzt hat, da seiner Ansicht nach eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorlag. Dies hat zur Folge, dass nun erhebliche Rechtsunsicherheit herrscht, ob ein Vertrag auf unbestimmte oder bestimmte Dauer vorliegt – eine Frage, die letztendlich insbesondere auch für die Bemessung der Gebühr ausschlaggebend ist.

Aufgrund dieser Entscheidung wird dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel die Möglichkeit eröffnet, eine Prüfung der vereinbarten Kündigungsgründe auf ihre Wahrscheinlichkeit hin vorzunehmen. Da diese Beurteilung aber vom Einzelfall abhängt, wird dies zwangsläufig erhebliche Schwierigkeiten nach sich ziehen.

Schriftform oder nicht

Unabhängig von dieser Entscheidung wirken sich auch einzelne Erkenntnisse betreffend das Schriftformerfordernis – das für die Befristung ausschlaggebend ist – auf die Vergebührung aus. Da im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes nur dann von einer wirksamen Befristung ausgegangen werden kann, wenn selbige von beiden Seiten unterschrieben wurde, ist in diesem Bereich die gegenständliche Entscheidung von hoher Relevanz.

Außerhalb des Vollanwendungsbereiches des MRG ist selbstverständlich über alternative Beweismittel abseits der Schriftform nachzudenken. Die rechtsberatenden Berufe werden daher angehalten sein, Alternativen zu präferieren, welche dies von Gesetzes wegen erlauben: wie zum Beispiel, Vertragsverhältnisse auf Korrespondenzwegen zwischen Rechtsanwälten oder durch einseitige Erklärung zu dokumentieren, sodass dem Schriftformerfordernis nicht entsprochen und dadurch auch keine Gebührenpflicht ausgelöst wird.

Ab sofort wird es von erheblicher Bedeutung sein, mögliche Kündigungsgründe sowie auch deren Relevanz hervorzuheben. Zusätzlich wird die Möglichkeit der Vorlage des Vertrages bei der Finanz in den Vordergrund rücken, wie dies auch in anderen Rechtsbereichen, z. B. der Immobilienertragssteuer, der Fall ist. Ungeachtet des Umstandes, dass man die Möglichkeit gehabt hätte, die Rechtsgeschäftsgebühren auch für Geschäftsraummieten abzuschaffen, hat man nicht nur eine Möglichkeit ausgelassen, mittelständische Unternehmen sowie Start-ups zu entlasten, sondern hat im Gegenteil weitere Hürden geschaffen.

Gerade in den eben erwähnten Bereichen wäre ein unterschriebener Vertrag zu Beweiszwecken von Vorteil, da es für mehr Rechtssicherheit im Geschäftsverkehr sorgen würde. Auch ist es z. B. internationalen Unternehmen und Investoren schwer vermittelbar, wieso in Österreich teils enorme Gebühren anfallen, nur um gewerbliche Mietverträge abzuschließen.

Der nun vermehrt auftretende Rückgriff auf alternative "Beurkundungsvarianten" bzw. Aufzeichnungsmethoden ist deshalb nicht gerade wünschenswert – der Reputation des Wirtschaftsstandortes Österreich wird es bestimmt nicht helfen. (Sascha Verovnik, 27.9.2018)