Graz/Wien – Die Verteidigungsminister von fünf Westbalkan-Staaten und Österreich sind am Mittwoch in Graz zusammengekommen, um Maßnahmen bei Grenzschutz und Ausbildung wie eine Offiziersakademie sowie künftige Kooperation zu besprechen. Österreichs Minister Mario Kunasek (FPÖ) kündigte vor der Presse vor Konferenzbeginn an, dass Österreich seinen Anteil an der Bosnien-Mission Eufor um 150 Mann erhöhen werde.

Kunasek sprach nach dem Empfang der Ministerkollegen aus Serbien, Albanien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Montenegro im Renaissance-Arkadenhof des Grazer Landhauses von einem historischen Treffen, da das Format der Westbalkan-Heeresminister zuletzt 2011 getagt habe. Am Abschluss des Mittwochs werde eine "Grazer Erklärung" mit den besprochenen sicherheitspolitischen Maßnahmen stehen. Gleichzeitig sagte Kunasek, dass Österreichs seinen Anteil an Soldaten an der EU-Mission Eufor-Althea in Bosnien-Herzegowina verstärken werde.

Das Heer hat rund 300 Soldaten in Bosnien, dazu zählen die Einheiten des Multinationalen Bataillons, gemeinsam mit der Türkei und Ungarn sowie Angehöriger sogenannter LOT-Häuser. Diese 17 Einrichtungen in ganz Bosnien fungieren als Anlaufstellen für die Zivilbevölkerung und sollen auch der Informationsgewinnung dienen. Die Aufstockung des österreichischen Kontingents um rund 150 Mann würde der Stärke einer Infanteriekompanie entsprechen und dürfte auf Reduktionen anderer Truppensteller zurückgehen. 18 Nationen – auch Nicht-EU-Staaten wie Chile oder die Türkei – beteiligen sich an EUFOR-Althea.

Sicherheitsakademie

Diskutiert wurden im Rittersaal des Grazer Landhauses laut Kunasek unter dem Thema "Strengthening Resilience in the Western Balkans" sicherheitsrelevante Themen. In drei Schritten seien die Westbalkan-Staaten miteingebunden worden, erst auf dem EU-Verteidigungsministertreffen in Wien, dann im Zuge einer Expertenkonferenz vergangene Woche ebenfalls in der Bundeshauptstadt. Mit der Konferenz in Graz werde ein verteidigungspolitisches Unterstützungspaket geschnürt, sagte Kunasek. Dazu gehöre der Aufbau des Grenzschutzes, ein Offiziers-Ausbildungspaket der EU, Erfahrungsaustausch und auch die Entsendung mobiler Trainingsteams. Im Rahmen der Offiziersausbildung soll eine Sicherheitsakademie in einem der Westbalkan-Staaten geschaffen werden. Wo genau, werde auf der Konferenz diskutiert, so Kunasek.

Mit all diesen Maßnahmen soll auch eine weitgehende Schließung der Westbalkanroute für Migranten einhergehen, sagte der Minister. Kunasek avisierte ferner eine gemeinsame Grenzschutzübung verschiedener Staaten in Ungarn 2019. Die Treffen von Minister der Westbalkan-Staaten mit Österreich sollen kein Einzelfall bleiben. "Militärische Kooperation schafft Vertrauen, wir wollen regelmäßig und im informellen Rahmen zusammen kommen."

Inhomogene Teilnehmerliste

Die Teilnehmer an der Grazer Konferenz sind sicherheitspolitisch inhomogen ausgerichtet: Bis auf das relativ große Serbien – vertreten durch Alexandar Vulic – haben die Westbalkan-Staaten zwar kleine Militärbudgets im Ausmaß zwischen 60 und 150 Millionen Euro und Mannstärken 1.500 bis 6.000 bis zu 11.000 Soldaten gemeinsam (Zahlen von 2016). Montenegro ist wie Albanien (in Graz vertreten durch Predrag Jolevski bzw. Ministerin Olta Xhacka) Nato-Mitglied, beide lassen ihren Luftraum von Griechenland und Italien mit überwachen. Bosnien-Herzegowina (vertreten durch Ministerin Marina Prendes) ist zwar Mitglied der Nato-Partnerschaft für den Frieden (PfP) und EU und Nato-Ambitionen, aber die nach ethnischen Gesichtspunkten gegliederten Streitkräfte sind ein heikler Punkt. Mazedonien ist ebenfalls PfP-Mitglied und will in die Nato.

Ein Sonderfall ist Serbien mit rund 52.000 Mann und einem Budget von rund 830 Millionen Euro: Das Land ist bündnisfrei und strebt die EU-Mitgliedschaft an, aber liegt mit Kosovo im politischen Dauerstreit. Kosovo-Vertreter waren in Graz nicht geladen – "es hat keinen formalen Verteidigungsminister", sagte Minister Kunasek. (APA, 26.9.2018)