Das Heim, in dem Ehegatten zuletzt gemeinsam gelebt haben, wird bei einer Scheidung in die Vermögensaufteilung miteinbezogen – manchmal mithilfe einer Ausgleichszahlung.

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Das Einfamilienhaus oder die Eigentumswohnung ist für viele Ehepaare das einzige relevante Vermögen. Kommt es zur Scheidung, wird die Aufteilung dieses Vermögenswerts zu einer großen Herausforderung – und ist meist mit der existenziellen Frage der Wohnversorgung der beiden geschiedenen Partner sowie ihrer minderjährigen Kinder verbunden.

Wurde im Rahmen der Scheidung keine gerichtliche oder außergerichtliche Vereinbarung über das aufzuteilende Vermögen zwischen den Ehegatten getroffen, ist die Aufteilung im außerstreitigen Verfahren zu klären. Grundsätzlich gilt dabei: In die Ehe eingebrachte, von dritten Personen geschenkte oder von Todes wegen erworbene Sachen fallen nicht in die Aufteilungsmasse und unterliegen somit nicht der Vermögensaufteilung nach der Scheidung. Das gilt auch für Gegenstände des persönlichen Gebrauchs eines Ehegatten und Sachen, die zu einem Unternehmen gehören.

Ehewohnung als Ausnahme

Die in der Praxis wichtigste Gegenausnahme ist die Ehewohnung. Diese ist nämlich – egal unter welchen Umständen sie in die Ehe eingebracht wurde – dennoch in die Aufteilung einzubeziehen, sofern ein Ehegatte auf die Weiterbenützung zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist oder ein gemeinsames Kind an ihrer Weiterbenützung einen Bedarf hat, der berücksichtigt werden muss. Ebenso ist eine Ehewohnung einzubeziehen, wenn sich diese in einem zu einem Unternehmen eines Ehegatten gehörenden Hauses befindet.

Die vorhandenen Vermögenswerte werden auf die Eheleute nach einer vom Gericht festgesetzten Quote verteilt. Es wird also nicht jedes Sparbuch oder Silberbesteck geteilt und jedem eine Hälfte zugewiesen. Die Ehefrau bekommt beispielsweise Sparbuch und Ehewohnung, der Ehemann mehrere wertvolle Gemälde und die Ferienwohnung.

Wenn eine gerechte Teilung durch die Zuweisung von Gegenständen (Sachwerten) nicht möglich ist, kann einem Ehegatten auch eine Ausgleichszahlung auferlegt werden, die auch in Raten oder mithilfe eines Kredites beglichen werden kann. Die Aufteilung erfolgt nicht streng rechnerisch, in der Praxis wird jedem Ehegatten ungefähr die Hälfte des Vermögens zuerkannt.

Auszug aus der Wohnung

Ehewohnung ist jene Wohneinheit, in der die Ehegatten bei Wirksamwerden der Scheidung im gemeinsamen Haushalt leben oder zuletzt gelebt haben und in der sich der Schwerpunkt der gemeinsamen Lebensführung befindet oder befunden hat. Steht eine Scheidung bevor, gibt häufig ein Ehegatte die eheliche Gemeinschaft auf und zieht aus der gemeinsamen Wohnung aus.

Nicht vergessen werden darf dabei, dass die ungerechtfertigte Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft – etwa ein Auszug im Zorn aus der Ehewohnung – eine Eheverfehlung ist, die als Scheidungsverschulden gewertet werden und damit verbunden zum Verlust oder zur Verpflichtung von Unterhalt führen kann.

Das Gesetz geht von einer Pflicht zum gemeinsamen Wohnen aus, wobei die Ehegatten die Lebensgemeinschaft einvernehmlich gestalten können und beispielsweise getrenntes Wohnen bei beiderseitiger Berufstätigkeit gerechtfertigt sein kann. Kommt es zu keinem Einvernehmen, kann das Außerstreitgericht angerufen werden. In der Praxis wird davon allerdings kaum Gebrauch gemacht.

Manche Ehepaare besitzen mehrere Immobilien, etwa ein Ferienhaus bzw. eine Ferienwohnung. Grundsätzlich stellt ein Urlaubsdomizil keine Ehewohnung dar, sondern "bloßes" eheliches Gebrauchsvermögen bzw. "bloße" eheliche Ersparnisse. Hier kommen die Ausnahmen über das nicht der Aufteilung unterliegende Vermögen zur Anwendung. Verbringen die Ehegatten aber beispielsweise je die Hälfte des Jahres abwechselnd in den beiden Immobilien – die Sommermonate in der Ferienwohnung am See und das restliche Jahr in der Stadtwohnung -, so sind nach der Rechtsprechung beide als Ehewohnung anzusehen.

Verfügungsberechtigung

Schon während aufrechter Ehe wird jener Ehegatte, der über die Ehewohnung nicht verfügungsberechtigt ist, in seinem dringenden Wohnbedürfnis geschützt. So hat der Ehegatte, der Alleineigentümer oder Alleinmieter der Ehewohnung ist, alles zu unterlassen und Vorkehrungen zu treffen, damit der auf die Wohnung angewiesene Ehepartner diese nicht verliert.

Ein dringendes Wohnbedürfnis wird an den gemeinsamen Lebensverhältnissen und nach den persönlichen Verhältnissen des wohnungsbedürftigen Ehegatten beurteilt. Eine gleichwertige Wohnmöglichkeit, die zur Verfügung steht, ist ausreichend, wobei selbst hier persönliche Gründe einen Umzug unzumutbar machen können.

Nicht zumutbar sind Ersatzunterkünfte bei Verwandten oder Bekannten. Die Ersatzwohnung muss stets gleichwertig sein. So wurde etwa der Ehefrau aufgrund der Lebensverhältnisse der Ehegatten ein dringendes Wohnbedürfnis im Schloss ihres Ehegatten zugesprochen, da die Benützung eines kleinen, bescheiden ausgestatteten Zweitwohnsitzhauses, nicht zugemutet werden könne.

Jene Vermögenswerte, die zum Zeitpunkt der Aufhebung der Lebensgemeinschaft zum ehelichen Gebrauchsvermögen oder den Ersparnissen gehören und im Aufteilungszeitpunkt noch vorhanden sind, unterliegen der Aufteilung.

Verkauft ein Ehegatte zwei Jahre vor Klagseinbringung oder Aufhebung der Lebensgemeinschaft ohne (ausdrückliche oder stillschweigende) Zustimmung des anderen Immobilien in einer Weise, die der Gestaltung der Lebensverhältnisse während der Ehe widerspricht, ist der Wert des Fehlenden dennoch fiktiv in die Aufteilung einzubeziehen. Damit sollen missbräuchliche Vermögensverschiebungen verhindert werden.

Vorausvereinbarung

Im Rahmen des Aufteilungsverfahrens kann das Gericht sogar Eigentum eines Ehegatten an den anderen Ehegatten übertragen. Dies kann durch den Abschluss einer sogenannten Vorausvereinbarung (in Form eines Notariatsaktes) über die Ehewohnung ausgeschlossen werden und ist für das Gericht bindend.

Von einer Vorausvereinbarung über die "bloße" Nutzung der Ehewohnung kann das Gericht allerdings abweichen, wenn ein Ehegatte unbillig benachteiligt und die Vereinbarung daher unzumutbar wäre. In diesen Fällen kann dem schutzbedürftigen Ehegatten beispielsweise ein befristetes Nutzungsrecht an der Wohnung eingeräumt werden.

Mit Mut zu Vorausvereinbarungen über die Ehewohnung und deren Nutzung, kann teilweise bereits präventiv Vorsorge getragen werden. Unverzichtbar ist dabei eine ausreichende eigene rechtliche Beratung. (Valentina Philadelphy, 29.9.2018)