Kanzler Sebastian Kurz warnte vor den Gefahren, die immer noch von Atomwaffen ausgehen.

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Während im UN-Sicherheitsrat US-Präsident Donald Trump eine Sitzung zur Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen leitete, fand in der benachbarten Kammer des Wirtschafts- und Sozialtrats Ecosoc eine Veranstaltung statt, die einen Schritt weitergehen will. Dort feierten die Teilnehmer eine Ratififizierungszeremonie für den Nuklearwaffenverbotsvertrag, den mittlerweile 60 Staaten unterzeichnet haben. Österreich, das auch bei der Verhandlung des im Mai 2017 gestarteten Vertragswerks eine wichtige Rolle spielte, zählt auch dazu. Wien hat außerdem als einer der ersten Staaten der Welt die Vereinbarung auch ratifiziert.

Bundeskanzler Sebastian Kurz hielt bei der Zeremonie am frühen Mittwochnachmittag eine Rede, in der er die Abschaffung aller Nuklearwaffen weltweit als "eine der höchsten außenpolitischen Prioritäten meiner Regierung" bezeichnete. Der Kanzler lobte in seiner Ansprache zudem die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen ICAN, die im vergangenen Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden war. Die Bedrohung durch Atomwaffen, so Kurz, sei mit dem Kalten Krieg nicht im gleichen Ausmaß zurückgegangen wie die Sorge davor. Es sei daher nötig, die Gefahren, die immer noch von nuklearen Sprengköpfen ausgehen, wieder ins Bewusstsein zu rufen.

Angst vor weiterer Verbreitung

Kurz bedauerte laut Redetext auch, dass sich die Welt derzeit "in einem neuen Zyklus der Modernisierung und der Erneuerung von Arsenalen" befinde, zudem neue Systeme zum leichteren und schnelleren Einsatz von Atomwaffen gebaut würden. Die USA uns auch Russland haben zuletzt tatsächlich ihre Anstrengungen zur Modernisierung ihrer gemeinsam rund 13.800 Atomsprengköpfe verstärkt.

Große Sorge bereitet Experten dabei, dass es zu einem neuen Wettlauf zu kommen scheine. Weil die USA fürchten, Russland könne in einem Konflikt wegen konventioneller Unterlegenheit als erstes zu "kleinen" Atomwaffen als Teil quasi-konventioneller Kriegsführung greifen, planen etwa nun auch die USA ihre Waffen leichter einsetzbar zu machen.

Die USA hatten ihre Verbündeten auch unter Druck gesetzt, nicht am Nuklearwaffenverbotsvertrag teilzunehmen. So hatte bei den Verhandlungen nur ein einziges Nato-Land, nämlich die Niederlande, teilgenommen und anschließend das Vertragswerk abgelehnt. Auch andere US-Verbündete sind dem Abkommen nicht beigetreten.

Atomare Sorgenkinder

Zudem besteht die Sorge, das Kommando über die Massenvernichtungswaffen könnte von hoher politischer Stelle zunehmend an untergeordnete Stellen in den Streitkräften übergehen. Das gilt – wegen der "Mini-Nukes" – sowohl für die USA und Russland, aber auch für nicht-offizielle Nuklearstaaten. Pakistan bereitet vielen Experten deshalb besondere Sorge.

Das Land ist aber auch immer wieder in den Blickpunkt geraten, weil es weiterhin Sprengköpfe baut. Pakistan könnte so zum Land mit dem weltweit drittgrößten Arsenal aufsteigen. Außerdem gibt es Fragen zur Weitergabe von Technologie, womöglich auch an Terrorgruppen. Der pakistanische Nuklearphysiker AQ Khan hatte in den 1990er-Jahren bereits Waffendesigns an Nordkorea weiterverkauft. (Manuel Escher aus New York, 26.9.2018)