Unter Verweis auf die Steigerung der Vollabos und der digitalen Zugriffe kann Nana Siebert (DER STANDARD) "nicht in ein tiefes Jammertal sinken".

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Wien – Fünf Journalisten und Journalistinnen waren zur Diskussion geladen, vier von ihnen gaben zu, in der Früh Nachrichten nur digital konsumiert zu haben. Print kommt anscheinend auch bei Medienschaffenden aus den verschiedensten Gründen nicht immer zuerst – vielleicht sind die Veranstaltungen über das gedruckte Blatt bei den 25. Medientagen deshalb auf den zweiten und letzten Tag verlegt worden.

Vom üblichen Defätismus, Print sei sowieso tot, war in der anschließenden Diskussion nichts zu spüren. Österreich ist immer noch ein verhältnismäßig starkes Printland, heißt es von der Moderatorin Marlene Auer ("Horizont"). Die Stimmung unter den Diskussionsteilnehmern ist zwar nicht optimistisch, aber auch nicht schlecht. Unter Verweis auf die Steigerung der Vollabos und der digitalen Zugriffe kann Nana Siebert (DER STANDARD) "nicht in ein tiefes Jammertal sinken". DER STANDARD lege seinen Fokus auf den journalistischen Kern und seine Konsumenten.

Mehr in Menschen investieren

Man müsse aufpassen, dass etwaige Abstriche in keiner Hinsicht auf Kosten der Journalisten gehen und in einem "Krankschrumpfen" enden, wirft Gudula Walterskirchen ("NÖN") ein. Als einzige Vertreterin einer Wochenzeitung in dem Tageszeitungspanel macht sie darauf aufmerksam, dass der Druck auf Journalisten zunimmt – "gerade die jüngeren Kollegen arbeiten ja quasi selbstausbeuterisch". Es würde Geld für das Image, die Räumlichkeiten ausgegeben, aber nicht für die Menschen. "Man muss wieder mehr in Personen investieren", ansonsten würde es einen "Einheitsbrei" in der Medienlandschaft geben.

Ein Problem sieht Walterskirchen, die auch eine Kolumne bei der Tageszeitung "Presse" hat, auch in der Paywall. Sie merke selbst, wie hoch die Hemmschwelle immer noch sei. "Man empfindest es als eine Mauer, da springen nicht alle gern drüber", vor allem "ältere Semester".

Stichwort Millenials

Keine Diskussion über Medien kommt ohne die Frage aus, wie man die junge Zielgruppe, die sogennanten Millenials, erreichen könnte. "Es ist eine simple Frage", sagt Markus Mair (Styria Media Group), "aber schwierig, wenn es um die Lösung geht." Zeitungen müssten viel ausprobieren, denn hinter dem Ausdruck Millenial steckten viele verschiedene Persönlichkeitsgruppen, bleibt Mair vage.

Richard Schmitt zeigt sich überzeugt, man dürfe Print nicht nur umbauen, sondern gleich digital denken. "Die neue Währung wird sein, wie viele Likes und Shares ein Artikel hat", so der Chefredakteur von krone.at, "so hol ich mir die jungen Menschen rein".

Schwerpunktsetzung als Erfolgsrezept

Egal, ob digital oder Print, man müsse fragen, "was eine Tageszeitung heute eigentlich ist", erklärt die stellvertretende Chefredakteurin des STANDARD. Man müsse "viel mehr Mut beweisen, was die Gewichtung der Themen betrifft", so Siebert. Diese müssten zur Marke passen, fokussiert sein, sodass "man sich nicht verzettelt". Maximilian Dasch von den "Salzburger Nachrichten" stimmt ihr zu. Neben "Rubrikinseln", wie er die Schwerpunktsetzung nennt, gäbe es im Printmarkt Potenziale durch die Schließung von Wertschöpfungsketten, beispielsweise durch das Aufbauen von Karrieremessen.

Hier gibt es Überschneidungen mit Magazinen. "Themenkompetenz" nennt Moritz von Laffert (Condé Nast) die Konzentration auf Interessengruppen im folgenden Panel über Magazinjournalismus. Magazine seines Hauses wie "Vogue" oder "Glamour" wollten keine demografischen Zielgruppen erreichen, sondern solche "mit gleichen Interessen", in ihrem Fall die Fashion- und Modeinteressierten.

Die Marke erlebbar machen ist der Fokus von Burda Style Group. Sie wolle ihre Zielgruppe stärker ansprechen, an viel mehr "Touchpoints" mit ihnen in Berührung kommen, wie es die Chefin des Medienhauses Manuela Kampp-Wirtz formuliert. Die Marken ihres Hauses, darunter "Bunte", "In Style" oder "Elle" haben so durch Messen oder Merchandising einen dritten Erwerbsstrom generiert. Hole man den Konsumenten überall ab, könne man mit viel Anstrengung "auch ganz gut Geld verdienen", so Kampp-Wirtz.

Entspannter Magazinmarkt?

Generell bekommt man den Eindruck, dass es bei den Magazinen entspannter zugeht als bei den Tageszeitungen. Die Vertreter machen einander Komplimente, Konkurrenz scheint es keine zu geben. Man denke sehr "zielgruppenagnositsch", formuliert es Stefan Häckel von "Vice". Dadurch unterscheide sich sein Medienhaus von Konventionelleren. "Ihr seid cooler, klar, seht besser aus", räumt Moritz von Laffert (Condé Nast) ein, aber " jeder spielt in seinem Feld ein supergutes Spiel".

Einigkeit gibt es bei den Medienhäusern "Burda" und Condé Nast in Hinsicht auf Nachwuchs. "Viel zu lange haben wir versucht, die Printlogiken auf Digital anzuwenden." In so einer "Print-Digital-Melange Welt" fühlen sich Digital-Natives nicht wohl und würden das Unternehmen bald wieder verlassen – vor allem, weil die Chefs oft noch aus dem Printbereich kämen. Und auch "Burda" sucht nach Nachwuchs, der den "Turnaround" auf digital schaffen kann.

Junge Konsumenten auf andere Art abholen

Auch die Magazinherausgeber kamen an dem Thema Millenials nicht vorbei. Laut von Laffert eignen sich Magazine nicht mehr dazu, um junge Menschen abzuholen. "Print ist keine Einstiegsdroge mehr", formuliert er es. Deshalb müssten Medienmarken junge Konsumenten auf andere Art und Weise abholen – beispielsweise auf Snapchat oder bei Events –, um so eine Beziehung zu dem Printprodukt aufzubauen. Ist diese einmal aufgebaut, würden Magazine nicht mehr mit digitalen Inhalten konkurrieren. "Das Magazin verwendet man zum Entspannen, das ist eine ganz andere Situation als digital." (Nadine Zeiler, 27.9.2018)