Arbeiter bei der behutsamen Demontage des "Orloj".

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Zahnränder in der Uhrmacherwerkstatt

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An diesem Freitag ab 18 Uhr wird sich das historische Uhrwerk aus dem Jahr 1410 wieder vor den Augen der Öffentlichkeit in Bewegung setzen.

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Prag – Neun Monate lang mussten Prag-Touristen auf die berühmte astronomische Uhr am Altstädter Rathaus verzichten. Doch an diesem Freitag ab 18 Uhr wird sich das historische Uhrwerk aus dem Jahr 1410 wieder vor den Augen der Öffentlichkeit in Bewegung setzen.

Der Uhrenexperte Petr Skala und weitere Restauratoren haben den "Orloj", wie er auf Tschechisch heißt, seit Jänner genauer unter die Lupe genommen. Dabei gab das Wunderwerk der Kunst und Mechanik einige Geheimnisse preis, den Fachleuten aber auch neue Rätsel auf.

Esoterisch und alchemistisch

Versteckt in verputzten Nischen unter der Kalenderscheibe fanden die Restauratoren Steinfiguren von Tieren – einen Raubvogel, eine Eule und einen Hund ohne Kopf, der mit dem Rücken zum Betrachter sitzt. Man geht davon aus, dass sich kleinen Skulpturen dort seit Jahrhunderten befinden. "Ich denke, dass die Steinmetze damit ihre persönlichen Gefühle hineincodiert haben", sagte Restaurator Skala am Donnerstag. "Die Ornamente aus der Spätgotik sind alle sehr esoterisch und alchemistisch."

Er sei erschöpft wie nach einem Marathon, berichtete Skala. "Heute glänzt das Uhrwerk im Inneren wie ein Edelstein. Es ist herrlich, das Eisen aus der Gotik ist sauber bis auf den Grund", erzählt der 72-Jährige stolz. Den unpassenden elektrischen Antrieb aus der Nachkriegszeit hat Skala durch Seiltrommeln, Hanfseile und Steingewichte ersetzt. Zu jeder vollen Stunde werden sich die Figuren der zwölf Apostel wieder wie gewohnt am Türchen zeigen. Auf dem Platz vor dem Rathaus bildet sich dann regelmäßig eine Menschentraube mit Besuchern aus aller Welt.

Legende von Krieg und Unheil

Ganz neu ist die Kalenderscheibe, die als das Herzstück des Technik-Wunderwerks gilt. Ein Künstler fertigte eine neue, originalgetreue Kopie des Kalenderzifferblatts des böhmischen Malers Josef Manes aus dem 19. Jahrhundert an, das sich im Prager Stadtmuseum befindet. An ihm können Monate und Sternzeichen sowie der kirchliche Heiligenkalender abgelesen werden.

Der Prager Orloj gilt als wahrscheinlich älteste astronomische Uhr der Welt, die noch in Betrieb ist. Sie zeigt unter anderem auch die Mondphasen an. Die erste Grundrestaurierung seit Jahrzehnten fand einer Legende zum Trotz statt, die besagt, dass dem Land Krieg und Unheil droht, falls die Uhr eines Tages stehen bleiben sollte. (APA, dpa, Michael Heitmann, 27.9.2018)