Schwertwal-Schule vor der Küste Norwegens.
Foto: Audun Rikardsen

Aarhus – Polychlorierte Biphenyle, kurz PCB, zählen zu den chlorierten Kohlenwasserstoffen und wurden lange Zeit als Weichmacher in Lacken, Kunst- oder Dichtungsmassen verwendet. Die Chlorverbindungen, die von 1930 bis in die 1990er-Jahre in einer Menge von ein bis eineinhalb Millionen Tonnen produziert wurden, erwiesen sich als hochgiftig: In Österreich sind sie seit den 1990er-Jahren verboten.

2004 trat die "Stockholmer Konvention" in Kraft, 120 Staaten einigten sich damals auf ein Verbot der PCB-Herstellung. Dennoch sind die langlebigen, gegen Hitze, Säure und Wasser beständigen Stoffe weit verbreitet und sind in der Atmosphäre, in Gewässern und im Boden rund um den Globus nachweisbar.

PCB im Fettgewebe

Einer aktuellen Studie zufolge gefährdet dieses langlebige Umweltgift einen großen Teil der weltweiten Schwertwal-Bestände. Demnach könnten PCB in etlichen Regionen innerhalb der kommenden Jahrzehnte ganze Populationen der Meeressäuger auslöschen. Betroffen seien Gewässer bei Brasilien, Gibraltar und den Kanarischen Inseln sowie Regionen vor Großbritannien, Japan und im Nordostpazifik, schreibt ein internationales Forscherteam im Fachjournal "Science".

In Gewässern und Böden finden sich PCB bis heute in großen Konzentrationen.
Foto: Audun Rikardsen

Im Fettgewebe von Schwertwalen wurden den Forschern zufolge PCB-Konzentrationen bis 1.300 Milligramm pro Kilo gefunden. Studien zeigen demnach, dass bereits Werte von 50 Milligramm pro Kilo die Fruchtbarkeit und das Immunsystem der Tiere schädigen könnten.

Mehr als 50 Prozent betroffen

Nun wertete das Team um Jean-Pierre Desforges von der dänischen Universität Aarhus die PCB-Konzentrationen in 351 Schwertwalen aus. Besonders belastet sind demnach Populationen, die in der Nähe von Industrieregionen leben. Anhand der Belastung verschiedener Bestände simulierte das Team in einem Modell deren Entwicklung für die kommenden 100 Jahre. Das Ergebnis: In zehn der insgesamt 19 untersuchten Populationen bedroht das Umweltgift den dauerhafte Fortbestand.

Die langlebigen Chlorverbindungen schädigen Immunsystem und Fruchtbarkeit der Meeressäuger.
Foto: Audun Rikardsen

"In den belasteten Gebieten können wir nur noch selten neugeborene Orcas beobachten", sagte Coautorin Alisa Hall von der schottischen Universität St. Andrews. In den am stärksten belasteten Gebieten drohe innerhalb der nächsten 30 bis 40 Jahre ein Zusammenbruch vieler Populationen. In anderen, weniger kontaminierten Regionen in der Arktis und Antarktis sei dagegen mit einem Wachstum der Populationen zu rechnen. Allerdings betonen die Forscher, dass auch viele andere Umweltgifte den Tieren zusetzen könnten, darunter Organophosphat-Flammschutzmittel, Perfluor-Alkylsäuren (PFAAs) oder polychlorierte Naphthaline (PCN).

Auch andere Umweltgifte gefährden die majestätischen Meerstiere.
Foto: Audun Rikardsen

(red, APA, 28.9.2018)