Dublin – In Deutschland und fünf weiteren europäischen Ländern müssen Ryanair-Passagiere am Freitag mit Flugausfällen wegen Streiks rechnen. Der Streik der Flugbegleiter und Piloten trifft den Billigflieger Ryanair dabei stärker als angekündigt. Nach einer Flugplan-Auswertung des Portals "Airliners.de" hat die irische Fluggesellschaft bis zum Freitagvormittag 133 Verbindungen von und nach Deutschland gestrichen. Das wären knapp 40 Prozent des üblichen Angebots. Stimmt nicht heißt es bei Ryanair, "es sind weniger als 20 Prozent. Über 80 Prozent unserer Flüge von und nach Deutschland werden planmäßig durchgeführt", so Ryanair-Sprachrohr Robin Kiely.

Die Gewerkschaften Verdi und Vereinigung Cockpit (VC) riefen die in Deutschland beschäftigten Flugbegleiter und Piloten zu Arbeitsniederlegungen auf und schlossen sich damit Aufrufen in mehreren europäischen Staaten an.

Der irische Billigflieger verurteilte die Streiks als "unnötig" und "enttäuschend". Fast 250 von 2400 für Freitag geplante Verbindungen wurden gestrichen. Ebenfalls streiken wollen am Freitag Ryanair-Flugbegleiter in Spanien, Belgien, den Niederlanden, Portugal und Italien. Österreich ist nicht betroffen.

Kein zufriedenstellendes Angebot

Die deutsche Dienstleistungsgewerkschaft Verdi erklärte am Donnerstag, Ryanair habe "auch nach vier Verhandlungsrunden kein zufriedenstellendes Angebot" vorgelegt. "Das Angebot ist völlig unzureichend", kritisierte Verdi-Vorstandsmitglied Christine Behle. Ryanair biete "zu wenig Geld" und eine "lange Laufzeit über vier Jahre". Außerdem halte das Unternehmen an der Ungleichbehandlung von Beschäftigten und Leiharbeitern fest und lehne eine Personalvertretung ab.

Die Gewerkschaft VC hatte am Mittwochabend ebenfalls zum Streik aufgerufen. Die Arbeitsniederlegungen sollen jeweils am frühen Freitagmorgen beginnen und einen Tag dauern. Betroffen seien "alle Verbindungen, die in dieser Zeit aus Deutschland abfliegen sollen", aufgerufen seien alle in Deutschland fest angestellten Piloten.

Ryanair strich zunächst 150 für Freitag geplante Flüge. Wegen der Streikankündigung der Piloten in Deutschland fallen nach Unternehmensangaben knapp hundert weitere Verbindungen aus.

Mehrere Streiks

Bei Ryanair tobt seit rund einem Jahr ein erbitterter Arbeitskampf, schon mehrfach streikten Piloten und Flugbegleiter in verschiedenen Ländern. Sie fordern höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Die Gewerkschaften verlangen vor allem, dass Ryanair jeweils nationales Arbeitsrecht anwendet. Die EU-Kommission hatte Ryanair erst am Mittwoch aufgefordert, sich an geltendes EU-Recht zu halten. "Die Einhaltung des Gesetzes ist nicht etwas, über das die Arbeitnehmer verhandeln müssen", sagte Sozialkommissarin Marianne Thyssen.

VC erklärte ebenfalls, seit dem Arbeitskampf am 12. September habe Ryanair kein verbessertes Angebot gemacht. Außerdem sei bislang keine Einigung auf eine Schlichtungsvereinbarung zwischen Ryanair und VC gelungen. Es gehe in dem Tarifkonflikt um "konkrete soziale Rechte der Arbeitnehmer", erklärte die Gewerkschaft.

Im Juli musste Ryanair wegen Streiks mitten in der Ferienzeit 600 Flüge streichen. Normalerweise gibt es nach Unternehmensangaben pro Tag in Europa rund 2400 Ryanair-Flüge.

Schlichtungsangebot

Ryanair kritisierte den Streik in Deutschland als "unnötig" und rief seine Piloten auf, am Freitag "wie gewohnt zu arbeiten, um Störungen und Unannehmlichkeiten für unsere deutschen Kunden zu minimieren". Ohnehin werde der Streik von Piloten und Kabinenpersonal "in keinem großen Ausmaß unterstützt", erklärte Ryanair. Außerdem habe die Airline ein Angebot für eine Schlichtung unterbreitet.

Die deutsche Linke zeigte sich solidarisch mit den streikenden Beschäftigten. Multinationale Konzerne, die weltweit schlechte Arbeitsbedingungen hätten und geringe Löhne zahlten, "erfordern internationale Arbeitskämpfe", erklärte Parteichef Bernd Riexinger. Deshalb unterstütze er den erneuten Streik ausdrücklich. Der Linken-Politiker Pascal Meiser erklärte, das Personal verlange "nicht mehr als ein planbares Leben und einen Lohn, von dem sie gut leben können".

Easyjet profitiert

Der britische Billigflieger Easyjet sieht sich als Profiteur der Streikwelle bei dem größeren irischen Konkurrenten, der Laudamotion-Mutter Ryanair. Das Unternehmen teilte am Freitag mit, dass in dem am 30. September zu Ende gehenden Geschäftsjahr der Vorsteuergewinn um mindestens 40 Prozent auf 570 bis 580 Millionen Pfund (641 bis (652 Millionen Euro) gestiegen sei.

Der Gewinn liegt damit im oberen Bereich der im Juli ausgegebenen Spanne. Damals prognostizierte Easyjet 550 bis 590 Millionen Pfund.

Neben den Flugausfällen bei Ryanair kam Easyjet nach eigenen Angaben auch zugute, dass die einstigen Rivalen Air Berlin und Monarch pleitegingen. Da es sich aber um Einmaleffekte handle, dürfte in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2019 der Umsatz je Sitzplatz wohl um einen niedrigen bis mittleren einstelligen Bereich zurückgehen, warnte die Airline. Details zum Ausblick sollen bei der Vorstellung des Jahresgeschäftsberichts am 20. November folgen. (APA, 28.9.2018)