Israels Premier Benjamin Netanjahu (li.) muss seine Wähler nach dem überraschenden Bekenntnis von US-Präsident Donald Trump zu einer Zweistaatenlösung beruhigen.

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Seit Monaten wird gerätselt, was den US-Amerikanern denn nun vorschwebt in Sachen Nahost-Friedensdeal. Ein Staat? Zwei Staaten? Bislang wollte sich Donald Trump nicht festlegen. Den ominösen Plan, der laut US-Präsident in den kommenden zwei bis vier Monaten veröffentlicht werden soll, hat noch keiner außerhalb des US-Teams gesehen. Was immerhin seit Mittwochabend klar ist: Trump befürwortet eine Zweistaatenlösung. "Ich mag die Zweistaatenlösung. Das, glaube ich, funktioniert am besten. Ich muss noch nicht einmal mit irgendwem sprechen, das ist mein Gefühl", sagte er bei der Pressekonferenz nach dem Treffen mit Israels Premier Benjamin Netanjahu.

Die Reaktionen auf die unerwartete Aussage folgten prompt. Dass Trump kurze Zeit später auf Nachfrage von Journalisten meinte, er würde auch eine Einstaatenlösung akzeptieren, wenn die Konfliktparteien es wünschen, ging in den Diskussionen unter.

Vor allem aus der israelischen Opposition gab es Zustimmung: Oppositionsführerin Zipi Livni begrüßte auf Twitter Trumps Bekenntnis zu zwei Staaten. Dies sei genauso wichtig wie die Zusage der USA, in Sachen Sicherheit an der Seite Israels zu stehen. Livni hatte bereits am Dienstag Palästinenserpräsident Mahmud Abbas getroffen, um ihm nahezulegen, an den Gesprächstisch mit den Amerikanern zurückzukehren, bevor die Chance auf eine Zweistaatenlösung ganz verschwindet.

Die Palästinenser hatten die USA als Friedensvermittler schon vor Monaten abgeschrieben. Sie sind frustriert von deren Nahostpolitik: Nach der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels und dem Botschaftsumzug strich Trump Millionen an Hilfsgeldern und ließ die palästinensische Vertretung in Washington schließen. Die Reaktion der Palästinenser auf Trumps Bekenntnis zur Zweistaatenlösung fiel verhalten aus: Das reiche nicht, teilte der palästinensische Außenminister Riyad al-Maliki mit und verwies auf die Haltung Trumps in Sachen Jerusalem, die Flüchtlingsfrage und den Siedlungsbau.

Auch in israelischen Regierungskreisen war man über Trumps Äußerung wenig erfreut. Bildungsminister Naftali Bennett machte klar, dass ein palästinensischer Staat eine Katastrophe sei, und versicherte, dass es diesen nicht geben werde, solange seine Partei Jüdisches Heim mit in der Regierung sitzt. Auch aus dem Likud, der Partei Netanjahus, kam Gegenwind. Der Abgeordnete Yehuda Glick nannte die Idee schrecklich: "Es ist schwer zu glauben, dass Israel Selbstmord begehen möchte."

Hoffnung auf Frieden

Netanjahu stellte bei der Pressekonferenz mit Trump klar, dass Israel die Souveränität über die Sicherheit zwischen Jordan und Mittelmeer unter seiner Regierung niemals abgeben werde. Bei seiner Rede vor der UN-Vollversammlung am Donnerstag sparte er das Thema Palästinenser weitestgehend aus, nur so viel: Er hoffe, Israel werde bald Frieden mit anderen arabischen Staaten schließen, auch mit den Palästinensern. Ansonsten stürzte sich der israelische Premier auf das Thema Iran und warf den Europäern Beschwichtigungspolitik vor.

Ob eine Zweistaatenlösung noch möglich sein wird, ist fraglich. Denn der Siedlungsbau geht ununterbrochen voran. Nun steht noch die Räumung des Beduinendorfs Khan Al Ahmar bevor. Sollte es zur Zwangsräumung kommen und sollten auch dort Wohneinheiten für Israelis entstehen, würde der Siedlungsblock das Westjordanland in zwei Teile teilen. Ein zusammenhängender palästinensischer Staat wäre kaum noch denkbar. (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 27.9.2018)