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Frau G.s Staffordshire hätte, wie dieser aus Russland, besser einen Beißkorb getragen.

Foto: ILYA NAYMUSHIN, Reuters

Wien – Von einem Polizisten begleitet humpelt Jacqueline G. auf zwei Krücken gestützt vor Richterin Andrea Philipp-Stürzer. Der Exekutivbeamte hat nichts mit dem Gesundheitszustand der 24-Jährigen zu tun, er hatte sie um 6.10 Uhr von ihrer Wohnung aus vorgeführt, da die wegen Körperverletzung angeklagte Unbescholtene es bisher vorgezogen hat, nicht vor Gericht zu erscheinen. Sie muss sich wegen eines Faustschlags gegen Muhammet A. verantworten, der sie am 9. Juni aufgefordert hat, ihrem Hund einen Beißkorb anzulegen.

Wie berechtigt die Sorge ist, zeigt der Fall des Einjährigen, der nach einem Rottweilerbiss am 10. September am Donnerstag an den Verletzungen gestorben ist. Im Fall, der Philipp-Stürzer beschäftigt, war aber nicht das Tier, sondern seine Besitzerin aggressiv.

Abkürzung durch Simmeringer Grünanlage

"Ich war mit meiner Freundin auf dem Weg zu meiner Schwester und wollte einmal im Leben die Abkürzung nehmen", erzählt die Angestellte. Die Abkürzung führte allerdings durch eine Grünanlage in Wien-Simmering an einem Kinderspielplatz vorbei. Ihren Staffordshire Terrier hatte sie zwar angeleint, Beißkorb trug er aber keinen. "Ein Mann hat 'Beißkorb!' geschrien, ich habe gesagt, wir brauchen keinen, wir haben einen Hundeführschein."

Laut Angeklagter entstand ein Wortgefecht. "Der Mann hat auf Türkisch geschimpft, ich habe gesagt: 'Wenn dir was nicht passt, schleich dich dorthin, wosd herkummst!'", gibt sie zu. Dass sie den Mann und seine später dazugekommene Gattin auch mit dem Umbringen bedroht habe, glaubt G. nicht, kann es aber auch nicht ausschließen. Zerknirscht gibt sie jedoch zu, ihm einen Faustschlag im Kopfbereich versetzt zu haben. "Ich war schockiert von mir." Aber: Ich hatte die Nase voll. Es passiert so oft, dass wir wegen dem Hund angeredet werden!"

Kleiner Sohn hatte Angst vor Tier

Muhammet A. schildert als Zeuge, er sei mit seinem kleinen Sohn auf dem Spielplatz gewesen, als die beiden Frauen samt Hund kamen. "Dort ist aber ein Hundeverbot", betont der 37-Jährige. "Mein Sohn hatte Angst vor dem Hund, ich habe höflich gefragt, ob sie einen Beißkorb anlegen können." Als Reaktion sei G. samt Hund zu ihm gekommen und habe ihn beschimpft, ihn und seine dazugekommene Gattin mit dem Umbringen bedroht und schließlich geschlagen.

G.s Partnerin, die ebenso von einer Polizistin in den Saal eskortiert wird, erinnert sich, dass die Angeklagte "ziemlich rassistisch" gewesen sei. Was die Richterin überrascht, ist die Zeugin doch selbst alevitische Kurdin. "Ich schimpf eben gern und geh immer aufs Tiafste, die Nationalität", sagt G. dazu.

Das nicht rechtskräftige Urteil: drei Monate bedingt und 500 Euro Schmerzensgeld. (Michael Möseneder, 1.10.2018)