Der italienische Innenminister Matteo Salvini verteidigt die Budgetpläne und sieht darin einen "wichtigen Schritt nach vorn".

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"Wir haben keinerlei Interesse, eine Krise zwischen Italien und der EU-Kommission zu eröffnen", sagte Moscovici.

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Rom/Paris – Die italienische Regierung hat ihre Budgetpläne nach heftiger Kritik verteidigt. Die Unruhe auf den Anleihenmärkten am Freitag beobachtet Fünf Sterne-Chef und Vizepremier Luigi Di Maio gelassen. "Ich bin wegen den Entwicklungen nicht besorgt", sagte er nach Medienangaben vom Freitag. Mit dem hohen Defizit wollen die Regierungsparteien in den nächsten drei Jahren ihre Wahlversprechen umsetzen.

Italien macht kommendes Jahr deutli


ch mehr Schulden als ursprünglich angekündigt. Der parteilose Finanzminister Giovanni Tria verlor damit den Showdown in der populistischen Regierung in Rom. Die Neuverschuldung werde nächstes Jahr bei 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen, hieß es bei der Regierung. Tria wollte das Haushaltsdefizit eigentlich auf 1,6 Prozent begrenzen, um den nervösen Finanzmärkten ein Zeichen der Stabilität zu senden. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici nannte die Schuldenlage des Landes "explosiv." Der Euro und italienische Aktien standen am Freitag an der Börse unter Druck.

"Wir haben einen wichtigen Schritt nach vorne gemacht. Die Finanzmärkte werden sich damit abfinden. Sie werden begreifen, dass wir für das Wohl Italiens arbeiten", meinte Innenminister und Lega-Chef Matteo Salvini im Gespräch mit Journalisten am Freitag. Er dementierte Spannungen mit dem parteilosen Wirtschaftsminister Giovanni Tria, der laut Medienindiskretionen mit seinem Rücktritt gedroht hätte, um ein niedrigeres Defizitziel durchzusetzen. "Tria war nie auf der Kippe", versicherte Salvini.

Große Spannung in Brüssel

Das Budget war vor allem an den Finanzmärkten und in Brüssel mit großer Spannung erwartet worden. Denn Italien schiebt – nach Griechenland – den zweithöchsten Schuldenberg in der Euro-Zone vor sich her. Zwar bleibt Rom mit dem aktuellen Vorschlag unter der in den Euro-Stabilitätskriterien vereinbarten Neuverschuldungsgrenze von maximal drei Prozent. Allerdings muss Italien eine ganze Reihe von Aufgaben erfüllen, um etwa das strukturelle Defizit in den Griff zu bekommen. Dafür wäre eigentlich eine Schuldenaufnahme von 1,5 bis 1,7 Prozent nötig gewesen.

Die EU-Kommission nimmt den Haushaltsentwurf – wie bei den anderen 18 Euro-Ländern auch – jetzt von Mitte Oktober bis Ende November unter die Lupe. Mit Sanktionen ist aber nicht zu rechnen. Die Behörde könnte das Budget ablehnen – hat dies aber noch nie gemacht.

Italien wolle mit Brüssel nicht auf Konfrontationskurs gehen. "Wir sind entschlossen, unsere Schulden zurückzuzahlen", versicherte Di Maio. Im Rahmen des Haushaltsgesetzes sollen 15 Milliarden Euro für zusätzliche öffentliche Investitionen locker gemacht werden. Dies werde Italiens Wirtschaftswachstum ankurbeln. Zugleich werde die Regierung den einkommensschwachen Italienern unter die Arme greifen können.

Warnung von Moscovici

EU-Wirtschaftskommissar Moscovici mahnte Italien umgehend zur Haushaltsdisziplin, will aber gleichzeitig eine Eskalation vermeiden. Man habe kein Interesse daran, dass Rom die Regeln nicht akzeptiere und seine Schulden nicht reduziere, sagte der Franzose dem Fernsehsender BFM.

In vielen europäischen Staaten gibt es Sorgen, dass die Ausgabenwünsche von 5-Sterne-Bewegung und Lega eine neue Euro-Krise auslösen könnten. "Der Rückfall Italiens in hohe Defizite außerhalb von Krisenzeiten wiegt umso schwerer, als das Land gleichzeitig Arbeitsmarktreformen zurücknimmt, die bislang die Ausrede für das zu hohe Defizit waren", sagte Ökonom Friedrich Heinemann vom Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. "Zudem werden die neuen Sozialleistungen bei Rente und Grundeinkommen das Defizit dauerhaft in die Höhe treiben." Die einzig angemessene Antwort der Europäischen Kommission wäre jetzt die zügige Aufnahme eines Verfahrens wegen eines übermäßigen Defizits, das notfalls bis hin zu Geldstrafen vorangetrieben werden sollte.

Staatsanleihen verlieren an Wert

Mit kräftigen Kursverlusten von über zehn Prozent haben heute die italienischen Staatsanleihen auf die Streitereien rund um die Budgetpläne der italienischen Regierung reagiert. Die Rendite für zehnjährige italienische Staatspapiere stieg im Sekundärmarkt bis Freitagnachmittag um 10,6 Prozent auf 3,22 Prozent. Zum Vergleich: Österreichische Papiere rentierten mit 0,68 Prozent um 7,5 Prozent tiefer. (APA, 28.9.2018)