Duftstoffe mit einer Sandelholznote verlängern die Wachstumsphase von Haaren.

Foto: iStock

Er kommt mit dem Alter. Vor allem bei Männern, aber auch Frauen können betroffen sein. Die Rede ist von schütter werdendem Haar. Mittelchen und Therapien gibt es viele, manche davon sind wirksam, manche nicht.

Einen neuen Ansatz, der die Lebensdauer von Haaren verlängern soll, haben nun Forscher des Monasterium Laboratory in Münster, der University of Manchester und der Ruhr-Universität Bochum in Organkulturexperimenten entdeckt.

Wie Haarwachstum funktioniert

Dazu gilt es zu wissen: Haare bestehen aus einem Schaft, der aus der Haut herausragt, und einer Haarwurzel, die in eine Einstülpung der Oberhaut, das sogenannte Haarfollikel, eingebettet ist. Der Lebenszyklus eines Haares besteht aus drei Phasen: Üblicherweise befinden sich 80 bis 90 Prozent aller Kopfhaare in der zwei bis acht Jahre andauernden Wachstumsphase.

In der mehrwöchigen sogenannten Selbstmordphase, in der das Haar sein Wachstum stoppt und sich von der Wurzel löst, befinden sich nur etwa ein Prozent aller Haare. Der Rest ist in der Ruhephase, die etwa ein halbes Jahr anhält und in der das alte Haar schließlich abgestoßen wird, da ein neues nachwächst.

Haarfollikel bilden durchschnittlich etwa einen Zentimeter Haar im Monat. Die Haarlänge ist aber nicht nur von der Wachstumsgeschwindigkeit abhängig, sondern vor allem davon, wie lang der individuelle Haarzyklus anhält. "Haarausfall beruht normalerweise darauf, dass sich das Verhältnis von der Wachstumsphase hin zur Ruhephase verschiebt oder nur mehr zu kurze Haare produziert werden", erklärt der Bochumer Duftforscher Hanns Hatt.

Duftrezeptoren in Hautzellen

Bestimmte Hautzellen, die Keratinozyten, besitzen den Duftrezeptor OR2AT4. Die Forscher konnten belegen, dass dieser Rezeptor durch Duftstoffe mit einer Sandelholznote wie Sandalore oder Brahmanol aktiviert wird und dass dadurch Hautregeneration und Wundheilung um fast 50 Prozent gesteigert werden können.

Das brachte die Forscher zu der Vermutung, dass der Rezeptor ähnlich stimulierend auf die Keratinozyten in den Haarwurzeln wirken könnte und an der Regulation des Haarwachstums beim Menschen beteiligt ist.

Um das zu belegen, nutzten die Wissenschafter eine Technik, mit der sich komplette lebende Haarfollikel aus Biopsien der menschlichen Kopfhaut gewinnen und in Organkultur überführen lassen. Mit Gen- und Proteinanalysen wies das Team nach, dass OR2AT4 während der Wachstumsphase in großen Mengen im Haarschaft vorkommt und in den sogenannten Matrixzellen der Haarwurzel, die für das Wachstum verantwortlich sind. In späteren Phasen hingegen war die Anzahl der Rezeptoren signifikant geringer.

Längere Wachstumsphase

Die Tests zeigten außerdem: Wurde der Rezeptor vier bis sechs Tage mit Brahmanol oder Sandalore stimuliert, erhöhte sich in den Haarfollikelzellen die Menge des Wachstumsfaktors IGF-1, eines der wichtigsten natürlichen Haarwuchsstimulatoren. Das wirkte dem programmierten Zelltod entgegen, und die Wachstumsphase verlängerte sich um etwa 30 Prozent, während sich die Ruhephase entsprechend verkürzte. "Das lässt uns erwarten, dass sich auch die Lebensdauer der Haare in ähnlichem Umfang erhöht", so Hatt.

Schalteten die Forscher den Duftrezeptor genetisch aus, wirkte der Duft nicht mehr. Sie beobachteten außerdem, dass menschliche Haarfollikel auf eine Stimulation dieses Rezeptors angewiesen sind, um optimal zu wachsen. Ungeklärt ist bislang, welche natürlichen Substanzen im Haarfollikel den Rezeptor stimulieren.

"Ich gehe davon aus, dass Duftstoffe wie Brahmanol oder Sandalore in Haarwassern oder Shampoos zum Einsatz kommen könnten, um die Lebenszeit der Haare zu verlängern", folgert Hatt, "vor allem bei hormon- oder stressbedingtem diffusem Haarausfall."

Erste klinische Studie

Eine Pilotstudie mit 40 Haarausfall-Patienten aus Italien hat gezeigt: Die Anwendung einer Sandalore-haltigen Lotion über drei Monate verringerte den Haarausfall signifikant um 17,5 Prozent im Vergleich zu einem Placebo.

Die Forscher weisen in ihrer Publikation jedoch darauf hin, dass diese Pilotdaten nicht ausreichend sind, um die klinische Wirksamkeit des Duftstoffs zu bestätigen, da die Stichprobe dafür zu klein war und aufwendigere Tests für eine zuverlässige Quantifizierung des Haarausfalls notwendig wären. An einer größeren klinischen Studie wird aktuell gearbeitet. (red, 30.9.2018)