Gerwald Rockenschaub in der Galerie Kargl.

Galerien, curated by

Merlin Carpenter in der Galerie Layr.

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Kerstin von Gabain in der Galerie Senn.

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Dóra Maurer in den Räumen der Galerie Steinek.

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Bernhard Willhelm in der Charim-Galerie.

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Es soll kein böses Omen sein. Udo Proksch hat schließlich ein Schiff inklusive seiner Besatzung versenkt. Viennaline hieß die Brillenlinie des Unternehmers, und so lautet heuer auch – nicht intendiert – das Motto des Galerienfestivals curated by. Im Zentrum stehen der Kunststandort Wien, seine Schlüsselfiguren und Netzwerke, die Ost-West-Vermittlerrolle, das Leben zwischen Barock und Gegenwart – aber auch die aktuelle politische Situation.

Auf Letztere bezieht sich der britische Kurator Mark Rappolt in der Galerie Crone: Im Fokus seiner Schau zum Thema Migration steht das umstrittene Festwochenprojekt Bitte liebt Österreich! von Christoph Schlingensief. Im Jahr 2000 reagierte der Künstler auf die Asylpolitik der ersten schwarzblauen Regierung und lud, im Stil von Big Brother, Passanten ein, sich aktiv an Abschiebungen zu beteiligen. Zynisch nannten es die einen, brillant die anderen; wobei die versammelten Dokumente nun schön belegen, wie das Ganze auch Schlingensief selbst aus dem Ruder lief.

Christoph Schlingensiefs Arbeit wird in der Galerie Crone gezeigt.

Dass man Wien gerade von außen kommend gern mit dem Skurrilen und Wahnhaften verbindet, wird wiederum in der Galerie Charim evident: Ein 2016 gefundener Totenschädel, ein Konstrukt zwischen Mann, Frau und Kuh, hat dort einem französischen Kuratorenduo als lokales Symbol für die Grenzüberschreitung gedient. Präsentiert werden punkige Klamotten von Bernhard Willhelm und poppig-queere Ölbilder von Ashley Hans Scheirl.

Mit Udo Proksch haben sie alle gar nichts zu tun. Erst Recherchen zum gewählten Motto "Viennaline" haben die Kuratoren schließlich zu dem Lobbyisten, Konditorei-Demel-Besitzer und sechsfachen Mörder gebracht. Trotzdem machen nun auch Werke von ihm eine gewisse Wien-Nostalgie aus. Zu sehen sind in der Galerie Charim Designentwürfe und skurrile Architekturzeichnungen, die Proksch im Gefängnis fertigte.

Bleibt zu hoffen, dass sein Name zieht. Geballte Aufmerksamkeit zu erregen war schließlich eines der erklärten Ziele, als curated by 2009 gegründet wurde. Im Folgejahr der Finanzkrise also, als man sich auf einen Einbruch des Kunstmarkts gefasst machen musste. Die Wiener Galerien – kaum für ihre Kooperationsbereitschaft bekannt – reagierten mit vereinten Kräften und setzten anstelle des Marktes auf Diskurs.

Aufwertung findet statt

Bis 2017 förderte die Wirtschaftsagentur Departure das Projekt. Vorgesehen war, dass alle beteiligten Galerien einen internationalen Kurator einladen, der zu einem Generalthema eine Ausstellung macht: So befragte man die Aktualität der Malerei, überprüfte die alte Forderung nach einer Zusammenführung von Kunst und Leben oder analysierte das Verhältnis von Text und Bild.

Den Galerien, die das Projekt nun im ersten Jahr selbst verwalten, ging es darum, sich und ihre Künstler international zu vernetzen und einen Diskurs voranzutreiben. Im Gegenzug galt es zu akzeptieren, dass die inhaltlichen Ambitionen von Kuratoren mit den kommerziellen Interessen von Galerien nicht immer vereinbar sind. Daraus ergaben sich zwar interne Querelen – u. a. weil die Galerien doch nur Künstler des eigenen Portfolios zeigten. Dennoch steht außer Frage, dass curated by zur Aufwertung des Kunststandorts beitrug.

Das zeigt sich auch darin, dass in den letzten Jahren einige Berliner Galeristen ihre Standorte nach Wien verlegt haben. Dazu gehören Croy Nielsen oder Beck Eggeling. Der jüngste Neuzugang heißt Exile: ein kleiner Bretterverschlag um die Ecke der Eschenbachgasse, in dem Christian Siekmeier gerade die biotechnologischen Apparaturen des Künstlerduos Pakui Hardware zeigt.

"Es ist kein Geheimnis, dass alle neuen Galerien mitmachen wollen", sagt der Präsident des Galerienverbands Hans Knoll. Er geht davon aus, dass sich Siekmeier 2019 bewerben wird. "Eine Verjüngung wäre gut für alle." Heuer hat man jedenfalls gemeinsam für die Aufnahme der beiden jungen Galerien Halgand und Tappeiner in die Curated-by-Liga gestimmt.

Wien-Nostalgie

Georg Kargl hatte dort freilich längst seinen Platz. Unter dem Titel Vienna Transit zollt Wolfgang Kos, ehemals Direktor des Wien-Museums, dem heuer verstorbenen Galeristen und dessen Bemühungen um die Schleifmühlgasse Respekt. Zu sehen sind ältere Werke von Christian Philipp Müller, Anna Jermolaewa oder Roman Ondák, die diese im Viertel realisierten. In einer zeitgenössischen Galerie wirkt der gutgemeinte Fokus auf das Lokale leider rückwärtsgewandt. Auch in der Galerie Thoman ist man vor Wien-Nostalgie nicht gefeit: Mit Arbeiten von Gerwald Rockenschaub, Gunter Damisch, Herbert Brandl oder Franz Graf hat Markus Mittringer das eigene, beinah rein männliche Künstlernetzwerk sehenswert installiert.

Ein ähnliches Konzept verfolgt die Schau bei Krobath, nur weiblich und jünger: Die Künstlerinnen Mirjam Thomann und Jenni Tischer haben aber das eigene Milieu bewusst mit Kunstwerken von Freundinnen reflektiert. Empfehlenswert ist auch die Präsentation der Galerie Emanuel Layr: Trotz Wiener Größen wie Rockenschaub und Zobernig tritt das Lokalkolorit hinter das offene kuratorische Konzept mit durchwegs interessanten Arbeiten zurück. "Not Doing A Show in FPÖ Austria", steht auf einem Bild von Merlin Carpenter. Es trägt zum Eindruck von Internationalität bei. (Christa Benzer, 29.9.2018)