Auch den besten Bäckern ist es schon einmal passiert, dass ihr Kuchen zusammenfällt. Und das, obwohl sie die Backofentüre nicht zu früh geöffnet und sich genau an das Rezept gehalten haben. Warum das so ist, kann durch die Chemie und Physik des Backens erklärt werden.

Kuchenbacken: Eine "Wissenschaft" für sich

Kuchen bestehen im Wesentlichen immer aus den gleichen Zutaten, die beim Backen miteinander reagieren: Flüssigkeit, Mehl, Eier, Zucker und Fett. Im Ofen verdampft beim Erhitzen die Flüssigkeit, die Stärke verkleistert, und das Eiweiß gerinnt. Durch eingeschlagene Luft und/oder Backtriebmittel bilden sich beim Backen Kohlendioxid-Bläschen, die das Volumen des Teiges vergrößern. Da all diese Vorgänge auf chemischen und physikalischen Reaktionen beruhen, müssen für jedes neue Rezept erst die genauen Mengenverhältnisse ausprobiert werden, um zum gewünschten Ergebnis zu gelangen. Jede Veränderung einer Zutat kann Reaktionen anders ablaufen lassen, weshalb man sich beim Backen möglichst genau an bewährte Rezepte halten sollte, um böse Überraschungen zu vermeiden. Welche Grundzutaten es bei Mehlspeisen gibt, wissen meist auch Hobbybäcker, doch welche Aufgaben die Ingredienzien beim Backen übernehmen, ist weit weniger bekannt.

Jede einzelne Zutat trägt dazu bei, dass ein Kuchen bäckt.
Foto: AP/Hannah McKay/Pool Photo

Mehl liefert Gluten und Stärke für das Gerüst

Üblicherweise wird zum Kuchenbacken Weizenmehl verwendet, das aus Weichweizen – auch Brotweizen genannt – gewonnen wird. Es enthält nur einen geringen Protein-Anteil, aber der hat es in sich, denn er besteht überwiegend aus Gluten (auch Klebereiweiß genannt). Gluten gibt dem Teig Elastizität und bildet mit der Stärke des Mehls das Gerüst des Kuchens², und das funktioniert folgendermaßen:

Gluten kann beim Quellen das Zwei- bis Dreifache seines Eigengewichts an Wasser aufnehmen. Eigentlich ist Gluten hydrophob (wasserabweisend), löst sich aber beim Kneten oder Rühren in der Flüssigkeit. Dabei falten sich die Proteine auseinander und verbinden sich untereinander, aber auch mit der Stärke. Durch die hohe Elastizität und Viskosität von Gluten kann sich der Teig dehnen, aber auch die Kohlendioxid-Bläschen halten. Das dreidimensionale Gluten-Netzwerk, das sich bei der Teigzubereitung bildet, ist nicht stabil. Zu langes Rühren oder Kneten zerstört es, und der Teig fließt wieder auseinander. Erst während des Backens wird das Netzwerk stabil, die Gluten-Bestandteile verbinden sich nun beständig und verlieren ihre Elastizität. Darin liegt auch das Problem mit dem Öffnen der Backofentür begründet: Wird diese in der Phase aufgemacht, in der sich gerade das Gerüst bildet, kann es durch die Abkühlung auch schon wieder vorbei sein. Ein mangelhaftes Gerüst kann die Kohlendioxidbläschen natürlich nicht halten, und der Kuchen fällt rasch zusammen. 

Bei zunehmender Backdauer verliert das Gluten an Wichtigkeit für die Stabilität des Kuchens, die Stärke-Gelierung spielt dann die entscheidende Rolle. Auch die Stärke quillt unter Hitzeeinfluss auf und nimmt dabei ein Vielfaches ihres Eigengewichts an Flüssigkeit auf. Sie verkleistert schließlich zu einer Gelatine-ähnlichen Masse, die dem Kuchen Festigkeit verleiht.¹

Für Personen mit Gluten-Unverträglichkeit gibt es auch glutenfreie Backmischungen, die meist Stärke, glutenfreies Mehl und entweder proteinreiches Mehl aus Hülsenfrüchten oder Verdickungsmittel enthalten. Die damit angerührten Teige sind meist weniger elastisch und krümelig und fließen beim Backen auseinander. Generell gilt: Wird eine andere Mehlsorte als im Rezept angegeben verwendet, wie zum Beispiel Dinkelvollkornmehl anstatt Kuchenmehl, muss auch die Menge an Flüssigkeit – Eier zählen auch dazu – angepasst werden. In Kuchen ganz ohne Mehl übernehmen die gemahlenen Nüsse die Funktion des Gerüstbildens.

Eier sorgen nicht nur für Luftigkeit

Nicht nur das Mehl im Kuchen enthält Eiweiß (Protein), dieses ist auch – sogar vorwiegend – in den Eiern, besonders den Dottern, enthalten. Das Eiweiß im Teig hat beim Backen gleich mehrere Funktionen: Beim Erhitzen bilden Proteine neue Molekül-Verbindungen und sind wesentlich für die Struktur des Kuchens. Bei der Teigzubereitung binden Eier außerdem viel Luft, die den Kuchen locker macht. Ein klassisches Biskuit etwa kommt ohne Backtriebmittel aus, da die eingeschlagene Luft im schaumigen Dotter-Zuckergemisch und der Schnee mit seinen unzähligen Luftbläschen den Teig zum Aufgehen bringen. Da Eischnee sehr rasch wieder zusammenfällt, muss er generell sofort untergehoben und der Teig gleich gebacken werden.

Eier liefern auch Flüssigkeit, damit die Stärke quellen kann, und enthalten Fette. In manchen Rezepten werden Eier teilweise durch Milchproteine, wie sie beispielsweise in Milch, Joghurt oder Sauerrahm zu finden sind, ersetzt. Je nach der Art des Teiges verwenden manche Rezepte die Eier getrennt in Dotter und Eiweiß beziehungsweise Schnee, andere nicht.

Zucker und Fett: ersetzbar?

Weltweit warnen Experten, dass die Menschen generell zu dick sind, so auch in Österreich³. Können Zucker und Fett also in Kuchen und Co ersetzt oder reduziert werden?

Zucker kann in den meisten Teigen relativ gut um die Hälfte reduziert beziehungsweise durch Süßungsmittel ersetzt werden. Doch neben dem süßen Geschmack hat Zucker auch noch andere Funktionen beim Backen: er bindet Flüssigkeit und reagiert mit den Stärkeketten und den Proteinen und erhöht dadurch die Temperatur, die für die Verkleisterung der Stärke und die Denaturierung der Proteine notwendig ist. Das wiederum trägt zur Stabilität des Kuchens bei.¹ Daher wird empfohlen, auf extra dafür geeignete Rezepte zurückzugreifen, wenn ausschließlich mit Süßungsmitteln gebacken wird, da sonst der Kuchen zu wenig locker ausfallen würde⁴.

Fett ist aufgrund seiner Eigenschaften nicht nur ein Geschmacksträger: es ist hydrophob (Flüssigkeit abstoßend), während Stärke hydrophil (flüssigkeitsliebend) ist. Umgibt Fett in einem Teig die Stärke, kann diese nicht mehr stark quellen, da das Fett die Flüssigkeit fernhält. Zum Beispiel im Mürbteig steht nur der geringe Wasseranteil der Butter der Stärke zum Quellen zur Verfügung, und somit können sich die Stärkemoleküle nicht verbinden und bleiben isoliert voneinander. Nur die Butter hält den Teig zusammen, der Teig bleibt brüchig und geht nur wenig auf. Auch im Blätterteig verhindert das Fett das Vernetzen der einzelnen Schichten miteinander. Beim Backen wirkt es quasi als Dampfsperre für das verdampfende Wasser und treibt die einzelnen Schichten auseinander, wodurch der Teig locker wird. Für Mürbteig und Blätterteig spielt Fett eine wichtige Rolle, Hefeteig oder Biskuit dagegen gelingen auch ohne Zugabe von Butter (oder anderem Fett).

Zucker und Fett sind nicht nur für den Geschmack da.
Foto: AP/Hannah McKay

Backtriebmittel: geringe Menge, große Wirkung

Ein Teig braucht zum Aufgehen viel Luft beziehungsweise Kohlendioxidbläschen. Diese Luft wird entweder in Form von schaumigem Eischnee in den Teig eingebracht, oder alternativ mittels Backtriebmittel wie Germ, Backpulver oder Natron.

Das Prinzip von Germ (Hefe) als Backtriebmittel ist simpel: Hefepilze verbrauchen Zucker und wandeln ihn in Alkohol und Kohlendioxid um. Beides lockert den Teig. Da die Pilze sehr viel CO2 freisetzen, wird Germteig auch ohne Ei luftig und locker. Wesentlich schneller als mit Germ geht das Backen mit chemischen Backtriebmitteln wie Natron oder Backpulver.

Natron (kurz für Natriumhydrogencarbonat) eignet sich nur für Teige mit säurehaltigen Zutaten wie zum Beispiel Zitronensäure oder Joghurt, denn Natriumcarbonate werden durch den Kontakt mit Säuren abgebaut, und Kohlendioxid wird frei. Backpulver besteht im Wesentlichen aus Natron und einem Säureregulator, ist also für alle Teige geeignet. Die Regulatoren entscheiden, ob das Backpulver für Biokost geeignet ist oder nicht: gewöhnliches, billiges Backpulver enthält Phosphate, für Bio-Backpulver dürfen nur Tartrate (Weinstein, Weinsäure) eingesetzt werden. Durch Feuchtigkeit reagiert Backpulver und setzt Kohlenstoffdioxid als kleine Gasbläschen frei. Deshalb muss Backpulver trocken aufbewahrt werden, und Backpulver-Teig sofort ins Backrohr. Dort verstärkt sich durch die Hitze die Produktion der Bläschen, sie dehnen sich aus und lockern den Kuchen. Ein Zuviel an Backpulver oder Natron führt dazu, dass der Teig zu schnell aufgeht und danach zusammenfällt, weil sich zu viele beziehungsweise zu große Bläschen bilden, die vom noch nicht vollständig aufgebauten Gerüst des Kuchens nicht gehalten werden können.

Tipps für den perfekten Kuchen

  • Kuchenteig darf nicht zu viel gerührt werden, es sollten nur alle Zutaten gut miteinander verbunden sein. Gerade bei der Verwendung einer Küchenmaschine kann es passieren, dass ein Teig zu viel gerührt wird. Mehl darf nur kurz untergerührt oder untergehoben werden, da sonst die Gluten-Polymere zerstört werden. Der Teig kann im Rohr dann die Gasbläschen nicht halten, und der Kuchen fällt zusammen.
  • Das Kuchenbacken funktioniert von außen nach innen, die Mitte wird also als letztes durchgebacken. Deshalb muss bei der Stäbchenprobe immer in die Mitte des Kuchens gestochen werden.
  • Geht der Kuchen in der Mitte mehr auf als am Rand, ist vermutlich die Backtemperatur zu hoch: weil der Rand schon fest ist, kann der Kuchen nur noch in der Mitte aufgehen. Ältere Rezeptangaben beziehen sich zum Beispiel auf Ober-/Unterhitze, da Umluft noch nicht bekannt war. Soll der Kuchen mit Umluft gebacken werden, muss die angegebene Temperatur reduziert werden. Backöfen heizen zudem nicht immer genau bis zur gewählten Temperatur. Mittels eines geeigneten Thermometers kann die Temperatur überprüft und entsprechend angepasst werden.
  • Klebt der Kuchen nach dem Backen in der Form fest? Lassen ihn etwas rasten, dann umwickeln Sie die Form mit einem nassen, kalten Geschirrtuch. Durch das rasche Abkühlen löst sich der Kuchen besser.

Hätten Sie‘s gewusst? Kuchenrezepte funktionieren im Gebirge nicht!

Mit zunehmender Höhe ist die Luft weniger dicht, und der Luftdruck und die Luftfeuchtigkeit sind geringer. Deshalb kocht Wasser in den Bergen bereits bei weniger als 100 Grad. Diese Tatsache muss auch beim Kuchenbacken beachtet werden, ganz besonders in Hochlagen über 1500 Meter Seehöhe. Der Teig braucht der zunehmenden Höhe entsprechend mehr Flüssigkeit/Ei, weniger Zucker und Fett und deutlich weniger Backpulver (wegen des niedrigeren Luftdrucks). So wie sich die Kochdauer in dieser Höhe verlängert, muss auch Kuchen entweder länger oder alternativ bei höheren Temperaturen gebacken werden.

Um den perfekten Kuchen zu backen, darf man die Zutaten nicht zu stark verarbeiten.
Foto: AP/Hannah McKay

Fazit

Es gibt viele Gründe, warum Kuchen zusammenfallen kann. Den Klassiker kennt vermutlich jeder: Das Öffnen der Backofentür während des Backvorgangs kann aus einem schön flaumigen Kuchen ein flaches Etwas machen, wenn es zur falschen Zeit erfolgt – nämlich dann, wenn sich das Gerüst und die Kohlendioxidbläschen bilden. Doch auch die richtige Backtemperatur ist für das gewünschte Ergebnis wichtig, da sonst der Kuchen zusammenfallen oder einen Berg in der Mitte der Form bilden kann. Ungenaue Mengen oder falsche Zutaten können ebenfalls zu kleinen Katastrophen führen: Der Teig kann zu flüssig oder zu fest werden, zu wenige oder zu viele oder zu große Kohlendioxidbläschen bilden und dann entweder zusammenfallen (bei zu vielen oder zu großen Bläschen) oder kaum aufgehen (zu wenige Bläschen). Besonders bei Backpulver muss sehr darauf geachtet werden, dass einerseits die Qualität noch gegeben ist und andererseits nicht zu viel davon im Teig landet. Was viele nicht wissen: Bei zu viel Backpulver geht der Teig zu schnell auf und fällt dann zusammen. Beim Einsatz von Küchenmaschinen sollte man nicht alle Zutaten auf einmal zugeben, wenn das nicht ausdrücklich so im Rezept steht, denn vor allem Mehl kann leicht durch zu viel Rühren beschädigt werden, und dann klappt das Bilden des Gerüsts nicht. Werden geschlagener Schnee oder Backpulverteig zu langsam verarbeitet und gebacken, oder geht Germteig zu kurz oder auch zu lange, so kann das auch den Kuchen zusammenfallen lassen.

Ein kleiner Tipp, falls beim Backen etwas mit dem Kuchen schiefgegangen ist: Weiterverarbeiten! Aus zusammengefallenem Kuchen lassen sich noch kleine Schnittchen mit Creme oder köstliche Desserts zaubern. (Isolde Jansen, 11.10.2018)

Isolde Jansen ist Kulturwissenschaftlerin und seit vielen Jahren bei Open Science tätig. Sie ist eine der Bloggerinnen, die als "bESSERwisser" die Beiträge für den Hungry-for-Science-Blog von Open Science verfassen.

Mehr Beiträge finden Sie auf hungryforscience.at.

Fußnoten

¹ Hesso, N., Loisel, C., Chevallier, S. et al: Monitoring cake baking by studying different ingredient interactions: From a model system to a real system. Food Hydrocolloids (2015) Vol. 51, p.7–15. https://doi.org/10.1016/j.foodhyd.2015.04.013

² Ortolan, F., Steel, C. J.: Protein Characteristics that Affect the Quality of Vital Wheat Gluten to be Used in Baking: A Review. Comprehensive Reviews in Food Science and Food Safety (2017).

³ Österreichischer Ernährungsbericht 2012, I. Elmadfda in Kooperation mit Österreichischer Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES), 2012

⁴ Gao, J., Brennan, M. A., Mason, S. L. und Brennan, C. S.: Effect of sugar replacement with stevianna and inulin on the texture and predictive glycaemic response of muffins. Int J Food Sci Technol (2016), 51, p. 1979–1987.

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