"Wo wir auch sind, wir hören meistens Lärm. Ignorieren wir ihn, stört er uns. Lauschen wir ihm, finden wir ihn faszinierend." (John Cage) Das jährliche Wiener Festival Unsafe + Sounds steht in der schmalen Tradition des Phonotaktik-Festivals aus den 1990ern. Es versucht trotz aller weitgehenden städtischen Ignoranz eine Tradition fortzuführen, die zumindest international wichtig genommen wird. Wien ist und bleibt seit gut zwei Jahrzehnten ein Ankerpunkt für elektronische Musik. Immerhin finden Sounds und Styles aus diesem Genre immer schon ein paar Jahre später Eingang selbst in gängigste Mainstream-Produktionen des Pop. Grenzgängerklänge aus diesem Bereich dienen durchaus als mögliche Blaupausen für Hitparadenfutter zwischen Björk, Beyoncé ...

Heuer hat sich das Festival als zweiten Untertitel neben "Festival for Adventurous Electronic Music + Arts" den zeitgenossenschaftlich naheliegenden Titel "Brutal Times" gewählt. Konfrontationskurs mit der Wirklichkeit ist angesagt. Zwischen dem 2. und 13. Oktober wird versucht, dem Übel der Welt mit teilweise heftigem Missklang beizukommen. Dafür finden sich nicht nur einschlägige Spielorte wie die Alte Schmiede, die Erdberger Arena, das Venster 99 am Lerchenfelder Gürtel oder die idyllisch im Nirgendwo gelegene Nordbahnhalle hinter dem Praterstern.

Neben bewährten Kräften wie Dino Spiluttini, Stefan Fraunberger, Peter Kutin oder Peter Rehberg von Editions Mego und Reinhold Friedl von Zeitkratzer mit einem Soloset versucht man zum Beispiel auch wieder einmal, den von Napalm Death bekannten Extremisten Mick Harris zeitgerecht nach Wien zu bringen. Weitere Highlights: Multimedia-Techno-Künstler Jung an Tagen, der ewig unterschätzte Philipp Quehenberger, Lucrecia Dalt, das Black Page Orches tra oder Aja Ireland mit einer Schreiperformance zwischen Bits und Bytes. John Cage muss man übrigens vollinhaltlich zustimmen. (schach)