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Um den US-Präsidenten wird es vor allem aus juristischen Gründen immer finsterer. Hätte er nicht seinen blonden Haarschopf, er wäre kaum noch auszumachen.

Foto: REUTERS/Carlo Allegri

Dieser Tage ist es nicht einfach, Donald J. Trump zu sein. Zugegeben, das letzte Mal, dass es das war, ist schon eine Weile her. Aber dies ist die trostloseste Phase seiner bisherigen Amtszeit. Und Trump lässt das auch erkennen. Seine Mitarbeiter bemühen sich, ihn an der Leine zu halten – nicht körperlich, aber sonst in jeder Hinsicht. Und wie zu erwarten, ist es ihnen bisher nicht ganz geglückt. Ernstzunehmende Journalisten berichten, dass sich der US-Präsident nach Aussage von Trump-Mitarbeitern im Weißen Haus (die notorische Klatschbasen sind) allein und in die Ecke gedrängt fühle.

Das Gefühl von Einsamkeit sollte nicht überraschen, denn Trump ist keiner für enge Freundschaften. Er hat immer wieder unter Beweis gestellt, dass Loyalität für ihn eine Einbahnstraße ist. Praktisch niemand, der für ihn arbeitet, kann sich sicher fühlen. Seine Tochter Ivanka ist vermutlich als Einzige vor dem krankhaften Zorn sicher, der letztlich so viele Mitarbeiter zur Tür hinaustreibt.

Viel Selbstmitleid

Trumps gewohntes Selbstmitleid hat sich in letzter Zeit noch verschärft. Sein ehemaliger Wahlkampfleiter Paul Manafort wurde nicht nur in acht Fällen des Betrugs und der Steuerhinterziehung für schuldig befunden, sondern hat sich zudem entschieden, mit Sonderermittler Robert Mueller zu kooperieren. Mueller leitet die Russland-Ermittlungen und untersucht Trumps Versuche der Behinderung der Ermittlungen über eine mögliche Konspiration seines Wahlkampfteams (und sogar seiner Regierung) mit dem Kreml. Es ist klar, dass der beharrliche Mueller Manafort durch Druck dazu bewegt hat, zu kooperieren, um einen kostspieligen zweiten Prozess zu vermeiden.

Trump hatte angedeutet, dass er Manafort begnadigen könnte, aber erhielt dann den Rat – auf den er zur Abwechslung hörte -, dass das, wenn er es vor den Zwischenwahlen im November täte, katastrophale Folgen für die Republikaner und für ihn selbst hätte. Manafort kalkulierte offenbar, dass er auch später nicht auf eine Begnadigung setzen könne – was wäre, wenn Trump dann selbst rechtlich in ernster Bedrängnis stecken würde? – und dass er sich zudem keinen zweiten Prozess leisten könne. Seine Absprache mit Mueller kostet ihn nun die meisten seiner Immobilien und dutzende Millionen von Dollars, aber er war bereit, die enormen finanziellen Verluste zu akzeptieren, um den Rest seines Lebens nicht im Gefängnis zu verbringen.

Potenzielle Gefängnisstrafe

Abgesehen von einer Verringerung seiner potenziellen Gefängnisstrafe (auf einen unbekannten Umfang) wollte Manafort außerdem eine Vereinbarung, die die Sicherheit seiner Familie garantiert. Schließlich sollte er Muellers Staatsanwälten Informationen über einige Präsident Wladimir Putin nahestehende russische Oligarchen geben – Leute, die mit Verrätern nicht gerade zimperlich umgehen.

Was die Sache für Trump verschlimmert, ist, dass sein langjähriger Anwalt Michael Cohen ebenfalls zugestimmt hat, mit der Staatsanwaltschaft zu kooperieren. Cohen weiß eine Menge über Trumps Geschäftspraktiken und hat zugegeben, dass er Zahlungen an Frauen organisiert habe, mit denen Trump Sex hatte, um deren Schweigen vor der Präsidentschaftswahl zu erkaufen. Auch dies setzt Trump der Gefahr der Strafverfolgung aus.

Und weiterhin hing Freitagabend die Nominierung von Brett Kavanaugh für den Supreme Court im Plenum des US-Senats an einem seidenen Faden. Kavanaugh war von Anfang an eine riskante Wahl. Ausgewählt aus einer Liste erzkonservativer Kandidaten, die dem Präsidenten von der politisch weit rechts stehenden Federalist Society zur Verfügung gestellt wurde, stach Kavanaugh aufgrund seiner außergewöhnlichen Ansichten über die Macht des Präsidenten hervor. Kavanaugh hat geschrieben, dass gegen einen Präsidenten seiner Meinung nach nicht ermittelt und dass er nicht strafrechtlich verfolgt werden dürfe, so lange er im Amt sei.

Unterstützerkern

Diese Ansicht, dass der Präsident über dem Gesetz steht, ist unter ernstzunehmenden Rechtswissenschaftern einzigartig. Ihre Attraktivität für Trump ist offensichtlich. Zudem vertritt Kavanaugh auch in anderen Fragen weit rechts stehende Ansichten, und bei den Anhörungen zu seiner Amtsbestätigung ließ er keinen Zweifel daran. Bei anderen Themen, darunter dem Recht auf Abtreibung, waren seine Antworten aalglatt, und es gibt glaubwürdige Hinweise, dass er vor dem US-Senat in anderen Fragen gelogen hat.

Doch nahezu alle Republikaner waren bereit, seine Nominierung schnell durchzudrücken: Obwohl er eine unpopuläre Wahl war, genoss er die Unterstützung der republikanischen Basis, darunter eines großen Teils der christlichen Rechten. Dieser Unterstützerkern blieb fest, selbst nachdem Christine Blasey Ford, eine Professorin aus Kalifornien, mit der Behauptung an die Öffentlichkeit ging und auch vor dem zuständigen Senatsausschuss aussagte, dass Kavanaugh ihr gegenüber auf der Highschool sexuell übergriffig geworden sei.

Die republikanische Führung war verzweifelt bestrebt, Kavanaughs Ernennung noch vor den Zwischenwahlen zu bestätigen, weil sie fürchtete, dass ihre Wähler sonst aus Enttäuschung oder sogar Wut zu Hause bleiben könnten und dass dann ihr schlimmster Albtraum – eine demokratische Mehrheit nicht nur im Repräsentantenhaus, sondern auch im Senat – eintreten könnte. Dies war die Situation, als Meldungen über eine zweite Frau aufkamen, die ein sexuelles Fehlverhalten Kavanaughs behauptete, auch wenn deren Geschichte zumindest anfänglich weniger gut belegt war.

Verstärkt wurden die Turbulenzen noch durch die Veröffentlichung von Bob Woodwards jüngstem Buch, "Fear", das (wie frühere Bücher über Trump, aber in größerem Umfang und mit mehr Tiefgang) ein verheerendes Bild eines dysfunktionalen Weißen Hauses zeichnet. Insbesondere zeigte das Buch – zusammen mit einem anonymen Gastkommentar eines führenden Regierungsvertreters in der "New York Times" -, wie weit Trumps Mitarbeiter gehen, um einen uninteressierten, ignoranten und paranoiden Präsidenten daran zu hindern, aus dem Impuls heraus eine Katastrophe anzurichten.

Zwölf Punkte Vorsprung

Eine vom "Wall Street Journal" und NBC News in Auftrag gegebene Umfrage, die vergangenen Sonntag veröffentlicht wurde, zeigt, dass die Demokraten vor den Wahlen zum Repräsentantenhaus einen Vorsprung von zwölf Prozentpunkten vor den Republikanern haben – ein außergewöhnlich großer Abstand. Und es erscheint zunehmend möglich, dass die Demokraten auch wieder die Kontrolle über den Senat gewinnen könnten. Trump hatte gehofft, bei diesen Wahlen kein Thema zu sein, aber das war unvermeidlich. Die Republikaner haben sonst kaum ein Zugpferd.

Selbst wenn die Demokraten nur das Repräsentantenhaus erobern, wird das Leben für Trump aufgrund der Vielzahl der Untersuchungen, die die neue Mehrheit mit Sicherheit einleiten würde, sowie aufgrund eines möglichen Amtsenthebungsverfahrens sehr viel komplizierter werden. Sollten die Demokraten auch den Senat erobern, könnte Trump tödliche Probleme bekommen. Aber die hat er womöglich ohnehin schon. (Elizabeth Drew, aus dem Englischen: J. Doolan, Copyright: Project Syndicate, 28.9.2018)