Jakarta/Palu/Donggala – Bei der Tsunami-Katastrophe in Indonesien dürften nach örtlichen Medienberichten mehr als 1.200 Menschen ums Leben gekommen sein. Das indonesische Onlinenachrichtenportal "Kumparan" berichtete am Sonntag unter Berufung auf die nationale Polizei von mindestens 1.203 Toten. Offiziell gab es dafür zunächst keine Bestätigung. Die Regierung befürchtet, dass die Zahl der Todesopfer durch die Flutwelle und die vorigen Erdbeben in die Tausende geht. Zunehmend gibt es Kritik, weil das bestehende Tsunamiwarnsystem nicht funktioniert haben soll.
Indonesiens Präsident Joko Widodo habe der Regierung erlaubt, internationale Katastrophenhilfe anzunehmen, sagte der für Investitionen zuständige Regierungsvertreter Tom Lembong am Montag.
Am Montag wurden Massengräber für die Toten ausgehoben. Mit Massenbeisetzungen wollen die Behörden die Ausbreitung von Krankheiten verhindern.
In der 350.000-Einwohner-Stadt Palu, die von eineinhalb Meter hohen Wellen getroffen wurde, wurden viele Bewohner am Strand vom Tsunami überrascht. Am Abend sollte ein Festival stattfinden. Die Besucher wurden vor der herannahenden Katastrophe nicht gewarnt, wie der Sprecher der Katastrophenschutzbehörde, Sutopo Nugroho, bestätigte: "Es gab keine Sirene. Viele Menschen waren sich der Gefahr nicht bewusst."
Das nationale Zentrum für Meteorologie und Geophysik hatte nach dem schlimmsten Beben der Stärke 7,4 am Freitagabend zwar eine Tsunamiwarnung ausgegeben, hob sie nach nur einer halben Stunde aber wieder auf – aus Sicht von Kritikern viel zu früh. Die Behörde verteidigte sich mit dem Hinweis, dass das Wasser zu diesem Moment schon wieder auf dem Rückzug gewesen sei.
Keine vermissten Österreicher
Vizepräsident Jusuf Kalla befürchtete am Sonntag tausende Tote. "Die Opferzahl wird weiter steigen", pflichtete Sutopo Nugroho bei. Die meisten Toten wurden nach Behördenangaben bisher in der Küstenstadt Palu gezählt. Dutzende Menschen werden dort noch vermisst, darunter mehrere Ausländer. Meldungen über vermisste Österreicher lagen nicht vor. Es dürften sich keine im Unglücksgebiet aufgehalten haben, hieß es am Sonntag seitens des Außenministeriums.
Die Suche nach Überlebenden wird unterdessen immer mehr zu einem verzweifelten Wettlauf gegen die Zeit. Hilfsorganisationen und örtliche Einsatzkräfte hatten es schwer, in verschiedene Ortschaften in der stark betroffenen Küstenregion Donggala zu gelangen. Die Behörden ordneten Massenbeisetzungen der Toten an. Verzweifelte Bewohner plünderten auf der Suche nach Essen und Wasser Geschäfte.
Indonesiens Präsident machte sich am Sonntagnachmittag vor Ort ein Bild der Tragödie. Er forderte das Militär nach Angaben seines Büros auf, "Tag und Nacht zu arbeiten", um die Bergungsarbeiten voranzutreiben.
Der schwerbeschädigte Flughafen von Palu wurde für Hilfslieferungen wieder geöffnet – allerdings nur für Piloten, die auf Sicht landen können. Neben überfüllten Krankenhäusern wurden Verletzte auch unter freiem Himmel behandelt. Im Hof eines Krankenhauses lagen bei brütender Hitze dutzende in Säcke gehüllte Leichen.
In der Bevölkerung wuchs die Verzweiflung: "Wir haben nichts zu essen, nichts", sagte ein Mann, der einen Supermarkt plünderte. "Die Situation zwingt uns dazu, das zu tun, wir brauchen alles", berichtete ein Jugendlicher. Säckeweise trugen Menschen Lebensmittel aus Geschäften. Die Behörden kündigten an, die Inhaber zu entschädigen und Plünderer nicht zu bestrafen.
Viele Bewohner von Palu zimmerten sich notdürftige Unterkünfte oder schliefen aus Angst vor weiteren Beben im Freien. Vielerorts gab es keinen Strom.
Aus dem Ausland trafen zahlreiche Hilfsangebote ein. Organisationen wie die Caritas, Rotes Kreuz und World Vision bemühten sich, die Hilfsbedürftigen zu unterstützen. Zur Finanzierung der Maßnahmen ergingen Spendenaufrufe. (APA, dpa, red, 1.10.2018)
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