Skopje – Das Referendum in Mazedonien am heutigen Sonntag ist wegen mangelnder Beteiligung nicht gültig. Laut der staatlichen Wahlkommission gaben nur 33,4 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Nötig gewesen wären mindestens 50 Prozent.

Das Referendum hat allerdings ohnedies nur beratenden Charakter, die Ratifizierung des Abkommens mit Athen, über das es ging, liegt beim Parlament. Dafür muss jetzt Premier Zoran Zaev eine Zweidrittelmehrheit suchen. Jene die abstimmten, votierten mit überwältigender Mehrheit für die Namensänderung, die den Weg in die NATO und in die EU freimachen soll: Nach der Auszählung von 105.000 Stimmen meldete die Wahlkommission knapp 91 Prozent Ja-Stimmen und nur knapp mehr als 6 Prozent Nein-Stimmen.

Boykott

Entsprechend der mit Griechenland unterzeichneten Vereinbarung zur Lösung des langjährigen bilateralen Namensstreites soll das Balkanland in Zukunft Republik Nord-Mazedonien heißen. Rund 1,8 Millionen Stimmberechtigte waren aufgerufen, sich zur folgenden Frage zu äußern: "Sind Sie für die Mitgliedschaft in der EU und der NATO unter Annahme der Vereinbarung zwischen der Republik Mazedonien und der Republik Griechenland?" Griechenland hatte wegen des Namensstreits seinerseits jahrelang die Annäherung Mazedoniens an die EU und die NATO blockiert, eine klare Mehrheit der Bürger in Mazedonien ist für den EU- und den NATO-Beitritt.

Konkret zur Änderung des Staatsnamens gehen die Meinungen aber auseinander. Die Regierung unter dem Sozialdemokraten Zaev, die die Vereinbarung mit Athen erzielt hat, war vom Referendumserfolg überzeugt. Kleinere, nicht im Parlament vertretene Parteien und einige nicht-staatliche Organisationen, aber auch Staatspräsident Gjorge Ivanov riefen dagegen zum Boykott auf. Die führende Oppositionspartei, die nationalkonservative VMRO-DPMNE, aus deren Reihen auch Ivanov kommt, hat keinen klaren Standpunkt eingenommen. Die Partei forderte ihre Anhänger auf, nach "ihrer Überzeugung" abzustimmen. Parteichef Hristijan Mickoski hielt sich bedeckt. Unter der langjährigen Regierung unter Führung der VMRO-DPMNE war es zu keiner Bewegung im Namensstreit gekommen.

Niederlage der Regierung

Die Ungültigkeit der Volksabstimmung kann somit als Niederlage für die Regierung betrachtet werden. Rückenwind für die Ratifizierung im Parlament hat Zaev in dieser für Mazedonien wichtigen Zukunftsmaterie jedenfalls nicht erhalten. Im Vorfeld des Referendums waren zahlreiche Politiker nach Skopje gereist, um für ein Ja zu werben, darunter die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) für den österreichischen EU-Ratsvorsitz, EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Auch US-Präsident Donald Trump versuchte, die Mazedonier zur Zustimmung zu animieren.

Premier Zaev bezeichnete das "Zukunftsreferendum" in seinem Land in einer ersten Reaktion trotz klarem Nicht-Erreichen des Quorums als Erfolg. Die "riesige Mehrheit" habe für die Mitgliedschaft des Landes in der NATO und der EU gestimmt, sagte er in Skopje. Jetzt müsse "dieser Wunsch in politische Aktivität des Parlaments umgesetzt werden". Sollte die Opposition ihre Zustimmung verweigern, werde es vorzeitige Parlamentswahlen geben, kündigte der Sozialdemokrat an: "Ich werde weiter dieses Land führen und Mazedonien wird Mitglied der NATO und der EU werden."

Der Leiter der ÖVP-Delegation im Europaparlament, Othmar Karas, kommentierte: "Die Wahlbeteiligung ist enttäuschend. Aber die Mehrheit hat sich für die Namensänderung ausgesprochen. Die neue Generation in Mazedonien und am Westbalkan ist bereit für Versöhnung. Das Parlament in Skopje muss den Auftrag der Bevölkerung ernst nehmen und über die Parteigrenzen hinweg Verantwortung übernehmen."

"Für ungültig erklärt"

In Griechenland begrüßte der Chef der mitregierenden rechtspopulistischen ANEL (Partei der Unabhängigen Griechen), Panos Kammenos, das Scheitern des Referendums in Mazedonien. "Als ich sagte, das Referendum wird scheitern, hat man mich beschimpft. Nun haben 68 Prozent des Volkes das Abkommen (zur Beilegung des Namensstreits mit Griechenland) für ungültig erklärt", meinte Kammenos laut Nachrichtenagentur dpa per Kurznachrichtendienst Twitter. Kammenos hatte mehrmals erklärt, er werde die Koalition mit Regierungschef Alexis Tsipras verlassen, sollte das Abkommen zwischen Athen und Skopje dem griechischen Parlament zur Ratifizierung vorgelegt werden. Kammenos lehnt es ab, dass das Wort Mazedonien überhaupt in einer Form im neuen Namen des nördlichen Nachbarn Griechenlands erscheint. Er ist mit zehn Abgeordneten der Mehrheitsbeschaffer für die Regierung des Linkspolitikers Tsipras.

Griechenland hatte sich seit den 90er-Jahren am Namen Mazedoniens mit Blick auf die namensgleiche Region in Griechenland, mögliche Gebietsansprüche und einen Alleinanspruch auf das Kulturerbe Alexanders des Großen gestoßen. Es blockierte die Aufnahme Mazedoniens in die NATO sowie die weitere EU-Annäherung der Früheren Jugoslawischen Teilrepublik, die in der UNO als FYROM (Former Yugoslav Republic of Macedonia) Mitglied ist. (APA, 30.9.2018)