Der Chef der Fünf-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio, verteidigt das neue Budget.

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Italien wird im Falle einer Finanzkrise für sich allein verantwortlich sein.

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Die populistische italienische Regierung hat ein Budget vorgelegt, das ein deutlich höheres Defizit für die nächsten drei Jahre vorsieht, als mit der EU vereinbart – und als es praktisch alle Ökonomen für vertretbar halten. Fünf-Sterne-Bewegung und Lega rechnen nun mit einer scharfen Reaktion aus Brüssel – und freuen sich offenbar darauf, weil man sich dann als Opfer eines ausländischen Diktats präsentieren kann, das verhindern will, dass Italiens Armen geholfen wird und die geknechteten Steuerzahler entlastet werden.

Die EU sollte nicht in diese Falle tappen und auf die erwartete Verurteilung der italienischen Haushaltspolitik verzichten. Sie würde ohnehin nichts bringen, denn die Strafandrohungen, die der Stabilitätspakt und der Fiskalpakt vorsehen, sind nicht glaubwürdig.

Selbst wenn die EU-Kommission Milliarden an Strafen gegen Italien verhängte, was sie bisher noch gegen kein Euroland mit zu hohen Defiziten getan hat, würde die Regierung in Rom nicht bezahlen – und könnte dazu letztlich auch nicht gezwungen werden.

Zurück zur No-Bailout-Klausel

Es gibt einen besseren Weg – einen, der schon seit der Geburt der Währungsunion vorgezeichnet ist. Bei den Verhandlungen über den Maastricht-Vertrag in den frühen 1990er-Jahren wollten Deutschland und andere nördliche Staaten sicherstellen, dass sie nicht zur Kasse gebeten werden, wenn ein anderer Mitgliedstaat zu hohe Schulden macht. Das Ergebnis war die No-Bailout-Klausel, die der Europäischen Zentralbank und den Partnerstaaten finanzielle Hilfe für verschuldete Staaten untersagt.

Doch das war den Deutschen nicht genug, und so kamen die Maastricht-Kriterien hinzu, die den Staaten genau vorschreiben, wie hoch sie sich verschulden dürfen.

Diese doppelte Absicherung war ein Fehler, denn am Ende wirkte keine dieser Vorgangsweisen. Die Schuldengrenzen wurden konsequent überschritten und den Ländern – entgegen allen Beschwörungen – ab 2010 durch die EZB und den Rettungsschirm ESM sehr wohl mit Milliardenkrediten geholfen.

Nicht einmischen und nicht helfen

Was sollte die EU-Kommission jetzt angesichts der Provokation aus Rom tun? Sie könnte, möglichst gemeinsam mit den Regierungen der anderen Eurostaaten, verkünden, dass sie Italien gewähren lässt und sich in die Budgetpolitik nicht einmischen wird. Das geplante Defizit von 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ist zwar angesichts der Verschuldungsquote von 130 Prozent des BIP viel zu hoch – vereinbart mit der EU war ein Defizit von 0,8 Prozent –, aber immer noch unter der Grenze von drei Prozent, die der Stabilitätspakt aus 1998 zwingend vorschreibt.

Gleichzeitig aber sollten sie erklären, dass Italien im Falle einer Finanzkrise nicht geholfen wird. Bei einer mutwillig herbeigeführten Überschuldung könne es keine europäische Solidarität geben. Italien wäre auf sich allein gestellt.

Italien hätte demnach kein Recht auf Hilfe aus dem ESM, und ohne ESM-Programm ist auch die EZB nicht berechtigt, gezielt italienische Staatsanleihen zu kaufen. Und die generellen Anleihenankäufe, die die Notenbank zur Senkung der Zinsen seit Jahren unternommen hat, laufen ohnehin langsam aus.

Zinsaufschläge würden steigen

Eine solche Erklärung wäre viel wirksamer als alle Rügen. Die Zinsaufschläge auf italienische Staatsanleihen würden weiter steigen – und dadurch die Kosten des Schuldendienstes – und könnten die Regierung in Rom zur Kehrtwende zwingen. Der jetzige Budgetkurs wäre nicht mehr haltbar.

Ein möglicher Ausweg wäre eine Staatsinsolvenz – also eine Weigerung, die Schulden zu bezahlen. Doch das würde neben ausländischen Banken und die EZB vor allem italienische Banken und Sparer treffen und wäre daher politisch nicht umsetzbar. Und sollte die Regierung in ihrer populistischen Gesinnung daran denken, die Zahlungen nur an ausländische Gläubiger zu verweigern, dann wäre das ein massiver Rechtsbruch, der wohl zum Ausschluss aus der Eurozone führen würde. Auch das wird sich die Regierung wohl nicht trauen.

In einem Land, das Monat für Monat Milliarden an neuen Krediten aufnehmen muss, um alte abzubezahlen, sind die Finanzmärkte der beste Schutz vor einer unverantwortlichen Haushaltspolitik. Darauf könnte die EU setzen – statt auf hohle Mahnungen. (Eric Frey, 1.10.2018)