Aktivistinnen und ein Aktivist des Frauenvolksbegehrens machen auf ihre Anliegen aufmerksam. Es geht unter anderem um die Unterhaltssicherung für Kinder.

Foto: Farsam Dalaee

Frauen dürfen wählen, von einer Ausbildung profitieren und einem Beruf nachgehen. Das ist für uns das Normalste der Welt. An der Oberfläche ist es Teil unseres kulturellen Selbstverständnisses. Das Problem ist: An der Oberfläche wird geschabt, und darunter brodelt es gefährlich.

Ich bin 1975 geboren, also im Jahr der Familienrechtsreform. Seitdem muss der Ehemann nicht mehr zustimmen, wenn die Frau arbeiten geht. Die Mutter darf die Zeugnisse ihrer Kinder selbst unterschreiben. Das weiß ich nicht aus dem Geschichtsunterricht, das weiß ich aus einem Buch von Christine Nöstlinger, vor ihrem Tod eine engagierte Unterstützerin des laufenden Frauenvolksbegehrens.

Wütend auf das Binnen-I

Erst seit 1989 ist Vergewaltigung in der Ehe ein Strafdelikt. Deswegen regt es mich immer so auf, wenn jemand klagt, wie kompliziert alles zwischen Mann und Frau geworden ist. Sie wollen die gute alte Zeit zurück? Sind Sie wirklich so wütend auf das Binnen-I, dass Sie mich in finanzieller und rechtlicher Abhängigkeit vom Ehemann sehen wollen?

Apropos: Das Innenministerium hat gerade ein Prestigeprojekt im Kampf gegen Gewalt gegen Frauen gestoppt. Es wird wieder laut gesagt, dass Frauenhäuser Familien zerstören. Initiativen, die teilweise seit den Siebzigerjahren bestehen und unser gutes Leben miterkämpft haben, werden die Mittel existenzbedrohend gekürzt. Es geht bei diesen Kürzungen meist um Kleinstgeld, Beträge von ein paar Tausend Euro.

Geld für Pennäler

Gleichzeitig gibt die Regierung das Geld mit beiden Händen aus. Aktuell schlägt eine üppige Förderung des Österreichischen Pennäler Ring durch das Familienministerium hohe Wellen. Wie kann das dem Gleichbehandlungsgesetz entsprechen, wenn der ÖPR laut eigener Webseite keine Frauen aufnimmt? Ist es Zufall, dass gerade jetzt die Webseite offline genommen wurde?

Die Grenzschutzübung in Spielberg kostete 200.000 Euro. Doch Sicherheit ist ein Prozess, kein Zustand. Was die BVT-Razzia für Österreich bedeutet, untersucht zurzeit ein Untersuchungsausschuss. Vielleicht um abzulenken, startete das Innenministerium eine Kampagne mit Verhaltensregeln bei Amok und Terror. Die Regierung spart bei den Frauen und gibt Geld aus für etwas, das wir alle aus der Volksschule wissen: Bei Feuer rufe 122, bei Überfall 133, die Rettung mit 144.

Im Gespräch mit dem STANDARD (25. 8. 2018) lehnt die Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) zudem ein Recht der Eltern auf Kinderbetreuungsplätze nach deutschem Vorbild ab. Sie will zuerst Plätze schaffen.

Zynisch: Die Regierung der Familienministerin baut gerade aktiv Kinderbetreuungsplätze ab. Die überfallsartige Einführung der Kindergartengebühr in Oberösterreich hat zu einem Verwaltungsmehraufwand geführt und zu einem Wegfall von Plätzen. Jetzt wurde das Kindergeld für Krisenpflegeeltern gestrichen. Krisenpflegeeltern betreuen Kinder aus besonders problematischen Familien, bis geklärt ist, ob sie zu den Eltern zurückdürfen oder ein dauerhafter Pflegeplatz gesucht werden muss.

Der Bund zieht mit: 30 Millionen Euro weniger für Kinderbetreuungsplätze. Gleichzeitig wird der Zwölfstundentag eingeführt. Vizekanzler Heinz-Christian Strache versicherte einer besorgten Mutter auf Puls 4 sinngemäß: Jeder Chef wird akzeptieren, wenn Sie Nein sagen. Wann hat er denn zum letzten Mal außerhalb der Berufspolitik einen Job gehabt?

"Klar ist", sagt die Salzburger Landesrätin Andrea Klambauer von den Neos im Kurier (5. 7. 2018), "dass die FPÖ beim Ausbau der Kinderbetreuung bremst. Mittlerweile gibt es auch in Salzburg Gemeinden, in denen Frauen Prämien ausbezahlt bekommen, wenn sie zu Hause bei den Kindern bleiben."

Es ist wenig sinnvoll, Kinderbetreuungsplätze zu fordern, ohne Sorge zu tragen, dass es für diese Kinder eine Welt gibt, in der sie leben können. Frauenpolitik ist mehr als Familienpolitik. Wir leben im gleichen Land, wir atmen dieselbe Luft. Die Antwort der Regierung auf drängende Fragen des Klimawandels ist das Durchwinken des Gesetzes zur Beschleunigung der Umweltverträglichkeitsprüfung. Umweltministerin Elisabeth Köstinger stellt einen Klimaschutzplan vor, der ohne konkrete Ziele, verbindlichen Zeitplan und geklärte Finanzierung auskommt. Das ist für unsere Zukunft mindestens so gefährlich wie das offene Liebäugeln von Teilen der Bundesregierung mit Aufrüstung und Kriegsspielen.

Frauenvolksbegehren

Die Eintragungswoche für das Frauenvolksbegehren ist vom 1. bis 8. Oktober 2018. Was wird gefordert? Echte Gleichberechtigung, Wahlfreiheit, Verbesserung der Pflegesituation ... Familienministerin Bogner-Strauß plant nicht zu unterschreiben, die Forderungen gingen ihr zu weit.

600.000 Unterschriften

Dabei ist ein Volksbegehren ja kein Gesetzesentwurf. Im Gegenteil: Von den elf Forderungen des letzten Frauenvolksbegehrens 1997 sind bisher erst zwei durchgesetzt. Hätten nicht über 600.000 Menschen unterschrieben, vielleicht hätten Alleinerzieherinnen immer noch keinen Anspruch auf zwei Jahre Karenzzeit. Die Gleichstellung der Frau ist seit 1975 gesetzlich verankert. Der Achtstundentag war 100 Jahre Gesetz, jetzt ist er weg. (Mieze Medusa, 1.10.2018)